Sizilien - Okt 2019
Weintechnisch betrachtet ist dieses Jahr eines der
spannendsten und unterhaltsamsten in unserer Geschichte. Gerade noch an der Untermosel und schon sind wir auf Sizilien....Verkosten kann so bunt sein.
Unsere Erwartungen waren hoch. Sizilien ... südländisch ...vulkanisch ...Wir freuten uns auf strukturierte und ausdrucksstarke Weine. Und wie so oft kam es mal wieder anders als
gedacht.
Ankunft in Sciacca
Das Gepäck abgelegt und auf geht's ins Nachleben von Sciacca. Um 23:30 genießen wir unseren ersten Wein auf der Piazza
Skalunata. Es ist Mitte Oktober und wir haben unsere Herbstklamotten gegen Shorts und T-Shirt getauscht. Passend zum
Wetter und natürlich zum Wein tobt auf der Piazza das Leben. Live Musik. Zu den Rhythmen der 20er Jahre nehmen wir unseren ersten Planeta zu uns.
Planeta, Cerasuolo di Vittoria DOCG 2017 (Online 11€). Kirsche, leicht und frisch.
Am Ende etwas zu viel Fruchtbonbon. Das Skalunata nimmt 19€ für die Flasche. Ein mehr als fairer Preis. 7,0.
Der Blues hält......Wir denken, das mit dem Wein werden wir noch steigern.
Day 1 - Hypnose
Wir sind extra in den Südwesten gezogen, um den Weingütern unsere Wahl nah zu sein. Martin hat allerdings schon seit unserer Abfahrt in Deutschland Sprachstörungen und antwortet irgendwie auf jede Frage mit "Cefalu". Ich glaube er ist auch in der Nacht in unser Zimmer gekommen hat permanent "Cefalu" geflüstert.
Wie hypnotisiert machen wir uns am ersten Morgen gleich auf die 2,5 stündige Autofahrt in den Norden nur um uns irgend so ein Fischerdorf anzusehen.
Ich bin mir nicht sicher, ob wir noch unter Hypnose standen, oder unser volles Urteilungsvermögen wieder gewonnen hatten. Aber wir sind elektrisiert vom maritimen und extrem pittoresken Charme des Fischer- und Feriendörfchens Cefalu. Als wir uns doch noch mal von der Sprache verschlagenden Kulisse lösen, schlendern wir durch die engen Gassen und steuern zielsicher unseren Mittagstreffpunkt an. Das Al Porticciolo in der Via Carlo Ortolani di Bordonaro.
Unscheinbar von der Straßenseite, eröffnet sich uns hinten heraus ein riesiger Vorbau auf den Klippen. Der Laden ist mit geschätzt 100 Gästen gerammelt voll und italienisch laut. Wir werden überschwemmt vom herzlichen Empfang des Personals und genießen ein Mittagsmenü der Extraklasse.
Natürlich essen wir Fisch. Als Vorspeise gibt es eine gemischte Fischplatte bestehend aus einem roten Thunfischtartar mit Kapern und Pfeffer. Dazu Chipriones, Caponata, sowie dünne, in Honig eingelegten Thunfischstreifen mit Artischocke, getrocknete Tomate, Pfeffer, Olivenöl und Senfkörnern. Wir sind im 7tem Himmel. Bei einem geschmacklich so abgefahrenen Essen müssen die Weine der Region auf gleichem Niveau sein. Wir fahren fort mit Muscheln in Tomatensoße, die durch reichlich Tomatensugo besonders intensiv ist. Martin mag keine Tomatenmatsche, ist von seinem permanenten "...Cefalu, Cefalu..." Gesäusel aber selber noch so hypnotisiert, dass ich aufpassen muss etwas von der Soße abzubekommen.
Momente die man für immer festhalten möchte, einfach nur fantastico 🤗🍷-.
Dazu probieren wir gleich mal einen Donnafugata. Den Grillo SurSur 2018 (Restaurant 18€)(Online 11€). Extrem fruchtige Nase. Birne, Pfirsich. Der Wein ist super frisch, süffig und nett. Im Hintergrund ist er dezent herb, dabei aber nicht unangenehm. 9,4. Na geht doch! Donnafugata wir kommen!
Zum Hauptgang gab's sizilianischen Fisch in Kartoffel, Kapern, Tomate. Geil! Und auf Empfehlung das Hauses nehmen wir dazu einen Viognier Terre Siciliane der Barone Montalto, 2017 (Restaurant 20€)(Online 9€). Deutlich cremiger und weniger fruchtig als der Donnafugata. Melone, Honig und etwa Zitrusfrische. Der Ton geht schon fast ins Karamell über. Für uns nicht ganz so ausdrucksstark wie der SurSur. 8,7.
Gesättigt und mega zufrieden setzten wir unseren Schlendergang durch das Dorf fort. Die Mädels sind nach der zweistündigen Mittagspause mit Blick aufs Meer gut gelaunt. Jetzt gibt’s auch noch Deko- und Schmuckläden ... geöffnet ... die ersten Souvenirs landen in Tüten und Martin muss sie tragen. Das merkt der eh nicht, schließlich steht der immer noch unter Hypnose.
Wir schließen zum Sonnenuntergang mit einem Aperol Spritz und einem kühlen Bier in einer der Strandbars die sich entlang der Lungomare Giuseppe Giardina mit Blick auf die Bucht von Cefalu präsentieren.
Mit Gepäck voller toller Eindrücke, Emotionen und lokaler Lederwaren fahren wir zurück. Mit dabei eine Auswahl sizilianischer Rotweine, die als nächstes auf unserer Dachterrasse verkostet werden wollen 🤗. Wie sich die Pullen in unser Auto geschlichen haben, wissen wir nicht ... Hypnose...😎.
Was wir aber wissen ist, dass Kerstin fährt. Man könnte meinen, sie hat es eilig auf die Dachterrasse zu kommen. Mit Vollgas geht´s über die rappelnden Fugen der zahlreichen Brücken. Sabine und ich sitzen hinten. Uns wird leicht übel.
COS, Cerasuolo di Vittoria Classico, 2016, 18€. Eine Cuvee aus Frappato di Vittoria 40% und Nero d’Avola 60%. Hellrot. Leider auch kaum Nasensex. Im Mund deutlich dichter und cremiger. Der Wein muss mind 1h Luft ziehen um seine volle Kraft zu entfalten. Mineralisch. Himbeere. Auf alle Fälle maskulin, insg. aber zu wenig Fruchtdominanz. 7,8.
Cusumano, Noa, 2015, 24€. Ein sizilianischer Bordeaux Blend aus Nero d ́Avola, Merlot und Cab Sauvignon. Tief dunkles Rot. Super intensive Nase nach Milchschokolade. Schokolade und Tabak im Mund. Dicht und cremig. 8,5. Auf Dauer wirkt er leider bitter. Daher müssen wir auf 8,0 gehen.
Occhipinti, Grotte Alte 2014, 38€. Je 50% Nero d’Avola und Frappato di Vittoria. Säure, Mineralität, erst dann kommen Sauerkirsche und Gummibärchen. Viel zu Säure dominiert. Schade, wenn man bedenkt, dass der Wein von 2014 ist und aktuell auf seinem ersten Höhepunkt sein müsste. 6,0. Wegen des Preises leider nur 5,0.
Es ist mittlerweile 1 Uhr morgens, weintechnisch hat der Tag leider nicht so
aufgehört, wie er begonnen hat.
Mittags fing es sensationell an: Cefalu. Irres Essen und toller Weißwein in einem liebenswerten pittoresken Städtchen. Abends erlebten wir dann aber mit zT hoch
bewerteten Sizilianern ein Debakel auf unserer Dachterrasse. Mist, wo ist denn hier die nächste Mövenpick Filiale 🙄?
Hoffentlich wird das Morgen bei Planeta besser.
Day 2 – Planeta
Wir nehmen unser Frühstück in der Caffetteria San Michele auf der Piazza Gerardo Noceto, Sciacca ein. Mitten zwischen den Einheimischen, die mit uns zusammen um 10:30 ihren Espresso mit Gebäck zu sich nehmen. Touristen - Fehlanzeige. Hier in Sciacca ist Italien ursprünglich und puristisch. Wir freuen uns auf unser erstes Weingut.
Um eins gleich mal vorweg zu nehmen, nach dem enttäuschenden Abend gestern werden wir heute mehr als entschädigt. Es wird eine super wine expierience auf Planeta!
Obwohl, fast wäre der Besuch auf dem Weingut ausgefallen, weil wir uns mal wieder auf Google Maps verlassen haben. Statt uns bequem über ausgebaute Straßen zum Weingut zu führen, ging es von Sciacca über eine pebble road querfeldein. Sicherlich wäre es der kürzeste Weg nach Ulmo gewesen. Bei gefühlten 90% Steigung auf einer unbefestigten Schotterpiste mussten wir mit unserem Fiat schließlich aufgeben und eine Alternativ- Route suchen. Google ist eben doch nicht allwissend. Irgendwie auch beruhigend. Ein kurzer Anruf auf dem Weingut. Wir werden uns verspäten. Die freundliche Stimme am anderen Ende der Leitung war komplett gechilled. "Piano, Piano, we wait for you".
Nach dieser Tortur am frühen Morgen wurden wir durch den herzlichen und warmen Empfang von Ginevra Fiorani entschädigt. Ginevra führt uns über das Weingut und erzählt uns voller Stolz und Enthusiasmus dessen Geschichte und über ihre Lieblingsweine von Planeta. Mit 260ha verteilt auf 5 Anbauregionen Siziliens ist es - mit einem anderen Weingut, welches wir auch noch besuchen werden - das größte Weingut der Insel. Bei aller Größe ist Planeta immer noch familiengeführt und über die Jahre natürlich gewachsen. Neben dem ganzen Wein baut Planeta in Ulmo auf 200ha auch noch Oliven an. Auch das Olivenöl wird uns später noch begeistern. Ulmo ist auch die Geburtsstätte von Planeta und hat seine Ursprünglichkeit bis heute behalten. Hier merkt man von der Größe nichts. Der Spaziergang mit Ginevra über das Weingut ist familiär, entspannt und dennoch souverän und enthusiastisch. Je länger wir mit ihr über das Weingut schlendern, sie uns die umliegenden Weinberge erläutert, umso mehr steigen Spannung und Vorfreude auf die anstehende Weinprobe.
Als wir im Fasskeller ankommen erfahren wir, dass hier in Ulmo ausschließlich Chardonnay im Holz
ausgebaut wird. Alle anderen Trauben von Ulmo werden in der Kellerei in Menfi ausgebaut. Wir reservieren uns schon mal einen Chardonnay für die anstehende
Verkostung 🤗.
Nach einem gemütlichen Spaziergang durch die Kellerei, welche fast unten am See liegt, geht es zur Verkostung wieder hoch ins Gästehaus.
Es ist alles für die Probe vorbereitet und nach einem kurzen Austausch über unsere geschmacklichen Vorlieben geht's auch schon gleich los.
Planeta, Chardonnay Ulmo, 2018 (22€). Ausgebaut für 10 Monate in französischer Eiche und 1 Jahr auf der Flasche. Verdammt intensive Nase. Geiles Mundgefühl. Vanille, Butter und dezente Banane. Nicht süß. Ein ganz feiner Wein. 9,5.
Planeta, Controdanza Noto, 2016 (11€). Cuvee aus Nero d'Avola und Merlot, gewachsen auf kreidehaltigem Boden. Super intensive Nase nach getrockneten Kirschen und Johannisbeeren. Ein sehr leichter Wein, zugleich extrem trocken. Für uns ist dieser Wein eine Spur zu trocken. 8,0.
Planeta, Plumbago Ulmo, 2017 (10€). Eine reiner Nero d'Avola, der wieder mit intensiver Nase ankommt. Es dominieren Pflaume und Tannine. Für uns ist der Wein zu tanninlastig. Wir wetten, dass die Tannine in 10 Jahren immer noch zu spüren sein werden. 8,3.
Planeta, Santa Cecilia Noto, 2016 (22€). Der Wein wird 14 Monate in französischer Eiche und anschließend 1,5 Jahre auf der Flasche ausgebaut. Obwohl die Trauben auf weißer Kreide wachsen, ist die Mineralität angenehm zurückhaltend und gibt dem Wein Struktur. Wie allen Planeta Weinen gemeinsam, hat auch dieser Wein eine super Fruchtnase. Im Unterschied zu den anderen Weinen der Verkostung dominiert hier aber neben der Frucht insbesondere Tabak. 9,4.
Planeta, Maroccoli Ulmo, 2016 (18€). Wir bekommen einen reinen Syrah als einen unserer Wunschweine. Rosinen, Pfeffer, Rumtopf, komplex und lang. WOW. Ein Hammerschlag der uns begleitete. 9,7. Der Preis ist unglaublich. Wir erhöhen auf 9,8.
Nachtrag: Am nächsten Abend sitzen wir wieder auf einer Dachterrasse. Dieses mal aber
in Mazara del Vallo. Wir testen den Planeta Sieger Maroccoli gegen den späteren Donnafugata Sieger Tancredi.
Im direkten Vergleich zum Tancredi, ist der Maroccoli weicher und insg spannender und vielschichtiger. Insbesondere Pfeffer und Rumtopf machen den Maroccoli
bemerkenswerter.
Wir verkosten zum Menü, welches wir auf einer überdachten Terrasse am Gästehaus von Planeta einnehmen dürfen auch noch das hauseigene Olivenöl. Sau lecker! Fruchtig und nicht zu scharf.
Zu den reichhaltigen Tapas probieren wir den weißen Allemanda Noto 2018 (10€). Ein reiner Muskateller. Der Wein ist irre frisch und bietet für den Preis schier unendlichen Spaß. Gekühlt genossen ist er ein toller Sommerwein. 9,5.
Zu den nächsten Gängen genießen wir dann noch den Cecilia und den Marocciolo. Martin vergisst für einen Moment sein Cefalu. Wir genießen in aller Ruhe.
Ein wunderbarer Mittag geht zu Ende. Nach fast 4 Stunden verlassen wir das Weingut.
Am Nachmittag flanieren wir noch über die die Ausgrabungsstätten von Valle dei Templi bei Agrigent und wie wir feststellen müssen, war Goethe auch schon hier. Wo war der eigentlich nicht.... Gott sei Dank war er nicht auch auf unseren Weingütern, sonst wären die heute auch so überlaufen wie die Ausgrabungsstätten😉.
Wir bestaunen den angeblich best erhaltenen Tempel des Mittelmeerraums, sacht Martin. Bin mir nicht sicher, ob ich ihm glauben soll, schließlich hat er schon reichlich guten Planeta über seine Zunge laufen lassen 😎. Beeindruckend sind sie aber allemal.
Nach der Rückfahrt versammeln wir uns wieder .... ja klar .... auf unserer Dachterrasse in Sciacca und setzten die Probe in aller Ruhe fort.
Planeta, Santa Cecilia 2016 gegen 2011. Der 2016er wirkt jetzt in Ruhe getrunken noch intensiver und runder als
heute Mittag auf dem Weingut. 9,5.
Der 2011er (29€) ist dagegen extrem gereift. Rumtopf. Es sind deutliche Spuren Morbidität zu schmecken. Lange würden wir den jetzt nicht mehr liegen lassen. 8,7.
Als Abschluss gibts noch den Planeta Burdese 2014 aus Menfi (22€). Eine Cuvee aus 70% Cab Sauvignon und 30% Cab Franc. Hammer leckere Nase. Maskulin, Schoko. Leider überdeckt die Mineralität die Fruchtaromen. 8,5.
Day 3 – Skepsis
Wir ziehen um
nach Mazara del Vallo. Wir gehen shoppen, schließlich müssen wir für die nächsten Tage überleben. Dazu bietet
sich Siciliavino, eine kleine Vinothek bei uns um die Ecke, an. Die
freundliche Bedienung stellt sich leider als nicht sonderlich informativ heraus. Also kaufen wir nach Literaturvorgaben und Etiketten - Frauen an die
Macht 🙈.
Nach dem Stadtbummel ist noch etwas Zeit. Martin und ich sitzen auf der Terrasse und haben die erste Flasche im Anbruch...
Ghiaia Nera vom Weingut Tasca d'Almerita, Sizilien, 2014 (16,50). Netter einfacher und süffiger Wein zum Entspannen auf der Terrasse. Unser erster Ätna Wein auf dieser Tour. 100% Nero Mascalese. Die Reben wurden 1961angebaut. Geringe Säure (!!), Kirschnoten. Netter süffiger Wein vor unserem anstehenden Dinner. Easy drinking. 8,0.
Wir besuchen das Restaurant Café Garibaldi im Ortszentrum. Es wird von 2 älteren Damen mit Hut geführt. Immer lachend, redselig und quirlig verströmen die beiden kleinen Damen südländisches Temperament. Zum Essen setzen wir die sizilianische Weinreise fort:
Donnafugata, Sherazade, 2016 (9,50€). Johannisbeere, Brombeere, etwas Kakao. Tannin schön eingebunden. Und insbesondere keine störenden Säurenoten. Geschmeidig und süffig. Frucht und würzig. Lecker. Bester 10€ Wein der Tour ... bis jetzt. 9,2. Wegen des sensationellen Preis erhöhen wir auf 9,4.
Tasca d ́Almerita, Perricone Guarnaccio, 2017 (15€). Dieser Tasca kann leider nicht so recht überzeugen. Johannisbeere gemischt mit einer etwas herben Note. Insbesondere kommt aber auch hier wieder zu viel Säure durch. 7,5.
Analog verhält es sich beim Syrah der Cantine Pellegrino, Rinazzo 2016. Auch dieser Syrah hat die allgegenwärtige Säurenote und ist uns insgesamt zu leicht und auch zu wenig strukturiert. 7,5.
Mittlerweile sind wir zu der Überzeugung gekommen, dass Sizilien weintechnisch für uns insgesamt eher ein schwieriges Pflaster ist. Bei dem Gros stört uns die enorme Säuredominanz. Diese bleibt auch bei vielen reiferen Gewächsen mehr als deutlich. Wohlgemerkt entspricht das mal wieder ausschließlich unseren persönlichen Geschmacksempfinden. Und der Besuch bei Planeta hat gezeigt, dass sich Mineralität und Säure kontrollieren lassen und top Weine hervorbringen können.
Wir sind auf morgen gespannt. Schließlich hatten wir in Cefalu erste gute Erfahrungen mit Donnafugata.
Day 4 - Donnafugata
Wir haben unseren Termin bei Donnafugata erst um 16 Uhr. Daher machen wir uns nach dem Frühstück langsam auf den Weg Richtung Marzala und verbringen die Stunden an einer Bar am Wasser. Nebensaison. Wir haben die Bar mit samt der umliegenden Küste für uns alleine. Wir genießen die Aussicht aufs Meer und genehmigen uns ein kleines Mittagsmahl kurz vor unserem Date.
Gestärkt und vollständig entspannt geht's auf die 5-minütige Autofahrt vom Meer zum Weingut am Ortseingang von Marzala. Schon die Auffahrt zum Weingut hat etwas mondänes, haziendanisches. Auch hier werden wir freundlich empfangen und lassen uns wie üblich zuerst die Geschichte und örtlichen Gegebenheiten auf dem Weingut erläutern. Sizilien hat insg 90000ha Weinanbaufläche und ist weintechnisch so groß wie in Deutschland. 10% der Fläche sind als DOC Sicilia qualifiziert. Donnafugata bewirtschaftet davon 371ha in 5 Regionen. Mit jeweils etwas unter 2,5 Mio Flaschen sind Planeta und Donnafugata ungefähr gleich groß. Donnafugata verkauft 60% seiner Weine in Italien. Der Rest geht in den Export. Zweitgrößter Markt ist Deutschland, gefolgt von USA und der Schweiz.
Wir schlendern ausführlichst über Weingut und Keller und sind beeindruckt von der Ordnung und fast
klinischen Sauberkeit des kompletten Guts. Donnafugata clustert seine Weine in verschiedene Genussstufen:
Buonomore stellt die Gruppe der einfachen every day Weine. Dazu gehört der SurSur und der Cerasuolo di Vittoria. Beide konnten wir an
den ersten Tagen auf Sizilien schon verkosten und waren begeistert. Meraviglia: Weine mit Anspruch zum guten Essen oder für den Kaminabend. Dazu gehört zB
der Floramundi und der Sul Vulcano. Fascino - der Name ist Programm. Dazu zählt man hier zB den Chardonnay und den Tancredi. Esclusivita mit seinen Icon Weinen Mille e una Notte und Ben
Rey.
Es wird Zeit, wir starten mit einer Probe verschiedener Donnafugata Lagen:
Lighea, Pantelleria, 2018 (11€). 100% Zibibbo (Muscat Alexandria). Ausgebaut für 3 Monate in Edelstahl und 2 Monate auf der Flasche, bevor er in den Verkauf kommt. Limette, Orangenschale, leichte Süsse, crispy & sharp. Auf Dauer wirkt der Wein etwas parfümiert. 8,5.
Chiaranda, Contessa Entellina, 2017 (22€). 100% Chardonnay, ausgebaut in 65% Eiche und 35% Beton. Der Wein wirkt frisch und zeigt die typischen Vanille Noten eines barrique Chardonnay. Dazu kommen intensive Fruchtnoten nach Ananas und Mango. 9,5. Der Chardonnay Ulm von Planeta ist im Vergleich zum Chiaranda etwas intensiver und voller. Daher liegt der Donnafugate 0,1 Pkt unter dem Planeta. 9,4.
Floramundi, Vittoria, 2017 (15€). 65% Nero D' Avola und 35% Frappato, ausgebaut für 8 Monate in Edelstahl und 7 Monate auf der Flasche. Ihre dichte Fruchtnase nach Kirsche und Pflaume. Am Ende kommt ein Hauch von Erdbeere. Ein toller Sizilianer - rund und NICHT säuredominiert. 9,3.
Sul Vulcano, Etna, 2016 (19€). 100% Nerello Mascalese, angebaut in 750m Höhe und ausgebaut für 14 Monate in Oak und Edelstahl, sowie 7 Monate auf der Flasche. Der Überraschungswein der Probe. Der Wein ist eindeutig mineralisch und Säure betont. Der Wein benötigt lange Zeit im Glas um seine vollen Fruchtaromen zu entfalten und: Er ist der Lieblingswein der Damen !! Damit ist der Beweis angetreten, dass wir auch mineralisch und säurebetont können, wenn der Wein top ausgebaut ist. 9,4.
Tancredi, ein Lagenblend, 2016 (26€). Cuvee aus Cab Sauvignon, Nero D' Avola und 10% Tannat. Sehr dunkles Rot im Glas. Extreme Komplexität in Nase und Mund. Sehr guter Preis. 9,8. Nachtrag: Die später durchgeführte Parallelverkostung von Maroccoli und Tancredi entscheidet hauchdünn für den Planeta Wein. Neben dem Maroccoli wirkt der Tancredi etwas weniger spannend und differenziert. Daher müssen wir auf 9,7 runter gehen.
Nach dieser spannenden Tour geht's weiter mit Donnafugata's Icon Weinen:
Mille e una Notte, Contessa Entellina, 2016 vs 2009 (56€). Die Weine werden seit 1995 ausgebaut und wurden vom legendären Weinmacher von Sassicaia Incisa della Rocchetta entwickelt. Cuvee aus 80-90% Nero D'Avola, sowie Petit Verdot und Syrah. Ausgebaut für 13 Monate in Französischer Eiche und 24 Monate auf der Flasche.
2009
Sehr gereifter, aber noch vollständig intakter Wein. Die morbiden Noten sind aktuell ganz dezent vorhanden. Sellerie, Rosinen, Leder. Im Mund sind aber trotz des Alters die Fruchtaromen präsent. Powerfull, rund, elegant. 9,7.
2016
Fette Fruchtbombe. Blaubeeren. Tabak, Kaffee, Vanille. Sehr fein und ausbalanciert in der Nase. Im Mund deutlich eckiger. Grüne Frucht. Etwas herb. Sollten man ca 2022 trinken. Bis dahin werden die Tannine feingeschliffen sein. 9,7. Wegen des Preises können wir nur leider nur eine 9,5 vergeben.
Weiter geht's mit Donnafugata ́s Dessertweinen: Ben Rye, Pantelleria, 2017 vs 2012 (49€). 100% Zibibbo. Eine Cuvee aus dem Saft von 17kg Trauben der ersten Lese, die ähnlich dem Amarone Verfahren an Luft zu Rosinen getrocknet werden, verschnitten mit 100l Abzug aus der zweiten Lese. Ausgebaut für 7 Monate in Edelstahl und 1 Jahr auf der Flasche. No Oak! Der Wein hat schon fast Sherry Farbe. Tiefes Dunkelgelb mit leichten Orangetönen. Der 2012er ist dabei deutlich dunkler als der 2017er.
2012
In der Nase dominieren zu Beginn intensive Petrolnoten. Dazu kommt Karamell und Röstnoten. Der Wein passt perfekt zu intensivem und gereiftem Käse. 9,6.
2017
Extreme Fruchtnase. Aprikose, Pfirsich, kandierte Zitruszesten. Die Noten setzten sich im Mund mit voller Intensität fort. 9,5.
Leider geht auch die schönste Probe irgendwann mal zu Ende. Nach fast 4 Stunden ist es Zeit ein erstes Fazit zu ziehen:
Planeta versus Donnafugata: Donnafugata bietet für unseren Geschmack das insg höher zu bewertende Sortiment und somit für uns insg die leckereren Weine. Allerdings hat Planeta mit dem Maroccoli eindeutig den spannendsten Wein am Start. Der Maroccoli bleibt für uns der Gesamtsieger beider Verkostungen.... wenn auch nur knapp.
Day 5 - Caruso & Minini
Nach den beiden großen Weingütern geht's heute zu einem kleineren Gut. Caruso & Minini liegt in direkter Nachbarschaft zu Donnafugata. Wie Donnafugata, liegt auch Caruso & Minini an einer belebten Straße vor den Toren von Marsala.
Sobald man den Innenhof des Weinguts betritt, ist von der Hektik auf der Straße nichts mehr zu spüren.
Das 2004 gegründete Weingut ist mit 120ha ca halb so groß wie die beiden Platzhirsche Planeta und Donnafugata. Trotzdem verfügt man bei Caruso & Minini über modernste Technologie. Direkt nach dem Entrappen werden die Trauben bereits auf dem Weg zur Presse durch Wasserkühlung auf 15°C herunter gekühlt. Caruso & Minini verfügt über einen eigenen N2 Generator und überlagert das komplette Produktionssytem von der Presse, über die Tanks, bis zu Flasche mit Stickstoff. In Abhängigkeit vom Zielmarkt werden Schrauber verwendet, ansonsten Naturkork. Nur die Reserva ́s werden ausschließlich mit Kork verschossen. Das Fasslager wird auf den üblichen 15°C bei einer Luftfeuchtigkeit von 80-90% gehalten. Die Fässer beherbergen je nach Nutzungsdauer verschiedene Weine, werden bei Caruso & Minini aber grundsätzlich nach 5-7 Jahren aussortiert. Die Rebflächen liegen alle in der Nähe von Marsala, stadtauswärts der SS188 folgend. Das Gelände wird dort leicht hügelig, so dass Caruso & Minini bis auf 450m Höhe seine Weine anbauen kann.
Caruso & Minini bietet insgesamt 4 organische Weine an. Diese werden allesamt in den höheren Lagen ausgebaut. Ungewöhnlich. Aber nur im ersten Moment. Auf den Hügeln ist die Drainage der Reben besser gewährleistet als in den tiefen Lagen. Insofern finden die Bioweine hier perfekte Bodenbedingungen.
Also alles in allem gute Voraussetzungen. Wir sind gespannt auf die Probe und starten mit Weiß:
Grillo Naturalemente Bio, 2018 (12€). Ein leichter Grillo, der für unseren Geschmack zu säuredominiert und herb ist. Von daher muss er unbedingt kalt genossen werden. Der Grillo bietet von allen hier verkosteten Weißen das intensivste Duftspiel. 8,0.
Catarratto, Naturalemente Bio, 2018 (12€). Dieses Exemplar zeigt den geringsten Säuredruck im Mund, wirkt aber trotzdem trocken. Auch hier finden wir leider zu wenig Duftnoten. 8,2.
Zibibbo, Terre di Giumara, 2018 (9€). Mit dem sizilianischen Muskateller haben wir den günstigsten, aber auch den spannendsten Weißen von Caruso & Minini im Glas. Intensive Nase nach Zitrus und Blumenwiese. Weich.Kommt aber in Druck und Differnziertheit nicht an den Allemanda Noto ran. 8,5.
Und weiter geht's mit Rot:
Tasari Nero d'Avola Merlot, 2018 (7,5€). Die Cuvee enthält 20% Merlot und wird ohne Holz ausgebaut. Intensive Cherrynoten in Nase und Mund. Easy drinking. 8,0.
Terre di Giumara Nero d'Avola, 2018 (9€). 100% Nero d'Avola, zu 30% in Holz und der Rest im Stahltank ausgebaut. Extreme Säuredominanz. Passt zu Käse. 7,5.
Terre di Giumara Frappato Nerello Mascalese, 2018 (9,50€). Eine 50:50 Cuvee der beiden Traubensorten, zu 30% in Holz und der Rest im Stahltank ausgebaut. Auch dieses Exemplar ist Säure dominiert. Intensive Nase. Der Wein braucht Zeit. Das Aromenspiel wird mit der Zeit spannender. 8,0.
Nero d'Avola Naturalemente Bio, 2018 (12€). 15% der Trauben werden für 2 Monate in Holz ausgebaut. Der Rest in Edelstahl. Neben den angenehmen Vanillenoten, ist sie wieder da, die Säure. 8,0.
Perricone Naturalemente Bio, 2017 (12€). Der Perricone wird gänzlich ohne Holz ausgebaut. Und endlich !!! Gibt man dem Wein Zeit im Glas, dann wird er rund und elegant. Etwas Pflaume, etwas Pfeffer. 8,5.
Cabernet Sauvignon Cusora, 2017 (10,5€). Dieser Wein kann, wieder nach längerer Standzeit im Glas, überzeugen. Tolles Aromenspiel in der Nase, geringe Säure. Süffig, nett. 8,8.
Cutaja Nero d'Avola, Riserva, 2015 (18€). Für diese Reserva nutzt Caruso & Minini 9ha ihrer Rebflächen. Zurückhaltende Mineralität, ausdrucksstark. Die beiden Reserva zeigen gefühlt die geringste Säure aller von uns verkosteten Caruso & Minini Weine. 9,3.
Delia Nivolelli Syrah, Riserva, 2013 (26€). Eindeutiger Testsieger bei uns Vieren und das sowohl geruchlich, als auch geschmacklich. Beeren, komplexer Körper. 9,4.
Zum Abschluss dürfen wir noch den Marsala des Hauses verkosten (12,50€). Die Cuvee aus Grillo und Catarratto wird für 5 Jahre in slowenische Eiche ausgebaut. Der Marsala kann spontan überzeugen und holt Erinnerungen an den Olorosso Seco von Gonzalez Byass ganz tief aus unserem innersten hoch. Wir nehmen ein paar Flaschen mit. 9,2.
Unser erstes Fazit:
Die Caruso & Minini Weine benötigen deutlich mehr Zeit im Glas um ihre volle Aromenvielfalt zu entwickeln, als dies bei Planeta oder
Donnafugata der Fall ist. Die Caruso & Minini Weine wirken deutlich mineralischer & säurebetonter als die Weine der beiden anderen Güter. Die beiden Riserva
Weine haben uns auf dem Weingut am besten gefallen. Aber Vorsicht: Am Ende des Artikel gibt´s noch eine kleine Überraschung !!
Nach der letzten Verkostung unserer Sizilien Tour geht's wieder ins schöne Cefalu. Martin ist glücklich 🙈. Ja, Martin's mantraähnliche Hypnosetätigkeit hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Wir haben kurzerhand in Marsala ausgecheckt und in ein Hotel an der Küste Cefalu ́s umgebucht. Die Atmosphäre von Cefalu passt nach so vielen Weinmomenten perfekt zum Entspannen. Udo ist glücklich 🤗.
Auf dem Weg dahin legen wir allerdings noch einen kleinen Zwischenstopp in Castellmare di Golfo ein. Eine wunderschöne gelegene Bucht ca 30min vom Marsala entfernt. Wir schlendern durch das pittoreske Örtchen und nehmen unseren Mittagssnack im Ristorante La Tonnara in Castellammare del Golfo ein. La Tonnara, das ist ein absolut geiler Blick auf die Altstadt und den Hafen, gepaart mit sensationellen Fischtapas.
Nach dieser netten Fisch- & Kaffeepause geht's nun doch noch nach Cefalu. Wir fahren entlang der Nordküste, den Sonnenuntergang im Nacken. Die letzte beiden Tage werden wir entspannen. Den Ätna bekomme ich auf dieser Tour wohl nicht zu sehen. Dafür sehen wir aber von Cefalu wenigstens die Liparischen Inslen mit dem Stromboli im Norden.
Am letzten Abend wurde es dann doch noch einmal spannend. Gesättigt mit reichlich Fisch nahmen wir auf unserer Hotelterrasse Platz. Bewaffnet mit 4 vernünftigen Weingläsern machen wir sie auf, die Spitzencuvee von Caruso & Minini. Den Nino 2010 (ab Weingut 50€ / Onlinehändler D 33€ !!). Die spärlichen Informationen die man vom Weingut bekommt und die im Netz zu finden sind, beschreiben ihn als eine Multilagen und Multireben Cuvee in Gedenken an den Gründer von Caruso & Minini. Der Ausbau erfolgt ähnlich wie beim Ben Rey von Donnafugata durch Mischen eines Teils der ersten Lese, die nach dem Amarone Verfahren getrocknet wird, mit den Beeren aus der zweiten Lese. Der Wein wird 4 Jahre im Holz und anschließend 1 Jahr auf der Flasche ausgebaut. Was für ein Hammer. Ein absolutes Kraftpaket. Frucht, Frucht, Frucht gepaart mit Rauch und Speck. Cassis, Pflaume, Rumtopf, Schoko, Lakritz, Vanille. Da sag noch mal einer nur die Amerikaner können Powerweine. Nein auch Caruso & Minini! Der Nino ist mit Abstand der beste Wein der kompletten Sizilientour. 9,9. Da stellen wir uns doch die Frage, wieso Caruso & Minini nicht alle Weine so macht.
Ziehen wir diesen Wein in Betracht können wir erkennen, dass Sizilien doch unseren Geschmack vinifizieren kann. Auf Sizilien ist man stolz auf sein Terroir und pflegt dieses auch überall. In allen Restaurants sind die sizilianischen Weine präsent. Durch die Säure wirken die Weine im Allgemeinen eher kernig, mineralisch, vibrierend. Caruso & Minini ist ein Paradebeispiel dafür wie stark man das sizilianische Terroir in den Vordergrund stellt, und internationales Geschmackseinerlei vermeiden möchte.
Für uns persönlich sind Maroccoli, Tancredi und Nino drei Exemplare die zeigen, dass es auf Sizilien Weine gibt die unseren persönlichen Geschmacksvorlieben entsprechen und Spass machen. Diese drei Weine zeigen die von uns so begehrten Fruchtaromen und Schmelz. Die Mineralität ist hier unterstützend im Hintergrund und dominiert nicht die Weine.
Es war mal wieder eine spannende Tour, auch ohne den Ätna und trotz Martins Mantra.
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