Masseria Li Veli - Apulien abseits des Mainstreams - Sept 2021

 Masseria Li Veli gehört mit schlappen 400000 Flaschen p.a. eher zu den kleineren Erzeugern Apuliens. Zum Vergleich: Die in Apulien omnipräsente Farnese/Fantini Gruppe produziert ca 13 Mio. Flaschen Wein p.a.
Li Veli wurde zu Beginn des 19ten Jahrhundert erbaut und 1999 von den Besitzern des legendären toskanischen Weinguts Avignonesi der Familie Favo gekauft. 2008 trennte sich die Familie von Avignonesi um sich ganz auf Li Veli zu konzentrieren.

 

Die wunderschön gelegene Masseria (Bauernhof) befindet sich auf einer flachen Ebene neben zahlreichen Olivenbäumen und pittoresk in Szene gesetzten Pinien. Das Gut bewirtschaftet nur 36 Hektar welche hauptsächlich mit alten autochthonen Rebsorten wie Negroamaro, Susumaniello, Fiano und Verdeca bestückt sind. Dazu gibt es logischerweise auch reichlich Primitivo, der nicht wirklich Apulien autochthon ist, da er ursprünglich aus Kroatien stammt und heutzutage ebenso in Apulien wie auch im Nappa Valley anzutreffen ist. Dort heißt er allerdings Zinfandel.

Die roten Trauben wachsen alle in der Umgebung des Weinguts. Nur die Anbauflächen für den Weißwein befinden sich in der leicht hügeligen Gegend von Alberobello, ca 1h nördlich von hier.
Das Weingut liegt direkt neben dem Örtchen Cellino San Marco und damit in einer von der Natur begünstigten Lage. Im Stiefelabsatz gelegen, ist das Weingut auf der einen Seite von der Adria und von der anderen Seite vom Ionischen Meer eingerahmt. Ideale Bedingungen für trockenes und gesundes Rebgut.


 Wir besichtigen den top gepflegten Weinkeller welcher sich oberirdisch hinter den dicken Mauern des alten Gehöfts befindet. Im Verlaufe der Tour verweilen wir einen Moment auf dem Innenhof wo ein paar Arbeiter Pause machen und sich neben dem alten Lamborghini Trecker niedergelassen haben. Mit Blick auf seinen Anhänger und die Tresterückstände wird man wieder in die Wirklichkeit eines Weingutes zurückgeholt.

 

Das Gut diente zu Beginn der Versorgung der kompletten Gemeinde mit Obst und Gemüse. Durch die räumliche Konstellation eines ehemaligen Bauernhofs ergeben sich allerdings auch ein paar handwerkliche Herausforderungen. Der frisch gepresste Most muss gepumpt werden. Ein Transport nur per Schwerkraft lässt sich hier nicht realisieren. Trotz des massiven Mauerwerks muss der Weinkeller für ca 3 Monate im Jahr klimatisiert werden. Und dennoch passt das Weingut perfekt in die historischen Mauern dieses alten Bauerhofs.

 

 So und jetzt zum eigentlichen Thema, der Weinprobe! Vorweg sei gesagt, dass uns die Weine alle überzeugen (und das ist eher selten bei uns) und einen erstaunlich positiven Kontrastpunkt zum apulischen Mainstream darstellen. Vieles was aus Apulien kommt ist neben der Frucht vor allen Dingen Tannin getrieben. Nicht das Bordeaux Tannin, sondern das süßliche süditalienische Tannin. Hört sich nett an, nervt aber auf Dauer genauso, da es die Geschmacksknospen zu kleistert und den Genuss der eigentlichen Weinaromen behindert.

 Wir erleben eine durchweg spannende Weinprobe, bei der jeder der verkosteten Weine reichlich Spaß ins Glas bringt.....Apulien kann's doch !!!

 

Wir starten wie immer mit Weiß.

Torremossa Salento IGT Fiano, 2020, 9€.
Gekeltert aus der Traube Fiano minutolo (small berries). Der Wein ist exterm frisch und cremig. Etwas Birne, etwas Apfel, etwas Kräuter. Im Mund sehr leicht. Nett. Easy drinking. Uns fehlt ein wenig Ausdruckskraft. 7,5.

  Bei den Roten geht’s dann weiter mit der Classic Linie. Die Weine lagern 6mo in French Oak 2nd Usage.

Passamante Salice Salentino DOC, 2020, 9€.
Dichter dunkelroter Negroamaro. Verströmt spontan buttriges Karamell in unsere Nase. Dezentes Tannin. Angenehme beerige Dominanz. Leckerer Alltagswein. 8,5.

Das Weingut vermarktet seine Premiumweine als Askos Serie. Askos bezeichnet Gefäße welche bei den alten Griechen ursprünglich zur Aufbewahrung von Ölen verwendet wurden. Heute dient es der Klassifizierung der Topserie Li Velis.


Die Weine der Askos Linie werden für 9mo in new French Oak ausgebaut:


Askos Susumaniello Salento IGT 2020, 15€.
Extrem Dichtes Rot. Dezente, leicht alkoholische Nase. Der Alkohol verfliegt nach kurzer Zeit im Glas. Der Wein ist fleischig und dicht. Im Mund finden wir Kirsche & Johannisbeere. Deutlich trockener als der Passamante. Sehr nett. Muss noch lagern. Aktuell reicht es zu einer 9,2.

 

Den 2019er und 2017er verkosten wir ein paar Tage später im Cibus in Ceglie Messapica.

 

Dem Wein tut die Lagerung extrem gut. Was für eine Aromen Bombe. Waldbeeren, Lakritz, Schokolade. Super dicht und trotzdem elegant. 9,7.

 

Askos Malvasia Nera, Salento 2019, 15€.
Die Malvasia Traube ist auf dem Globus eher selten zu finden. Li Veli baut die Traube auf ca 1 ha aus und erzeugt daraus rund 5000Fl. Schon wieder ein Wein mit einer hammermäßigen Aromenpracht in der Nase. Der Mund ist voll mit Kräutern, Beeren (Kirsche), Schokolade und ein wenig Vanille. Der Wein verändert seinen Geschmack mit der Zeit und wird mit steigender Temperatur noch intensiver. 9,6.

 

Askos Primitivo di Manduria, 2019, 16€.
Leicht mürbe Nase. Sehr zurückhaltendes Tannin. Wie bei allen Roten von Li Veli überzeugt auch dieser mit sehr gutem Trinkfluss. Ja richtig gelesen: Uns überzeugt ein Primitivo. Dieses Exemplar ist das Gegenteil eines Beeren-Tanninbomben-Brei. Ein differenzierter schöner Rotwein. 9,5.

 

Ob nun eine 9,5, eine 9,6 oder eine 9,7… am Ende sind es Nuancen und Gefühle die hier entscheiden. Den Susumaniello haben wir bei unseren Restaurant Besuchen in Apulien lieb gewonnen ;-)

 

Und so nähern wir uns leider dem Ende einer tollen Probe, bei der ein Wein besser als der andere war. Oder anders ausgedrückt Li Veli schafft es eine perfekte Preis-Genuss-Pyramide auf die Flasche zu bringen. Und so werden wir auch bei der Topcuvee nicht enttäuscht:

 

Pezzo Morgana, Salice Salentino DOC Riserva 2018, 19€.
Der Wein trägt den Namen der kleinen Cru (20000 Fl. p.a.) auf der er angebaut wird.
Die Nase ist bereits leicht morbide, auch wenn sich das in der Farbe des Wein noch nicht wieder spiegelt. Trotzdem sollten man diesem Wein nur noch wenige Jahre liegen lassen. Uns durchströmen reichlich süße Noten. Beerenkompott, Pflaume, Kirsche, Dörrobst. Ich finde auch noch Speck, wurde aber von meiner Begleitung heftigst kritisiert
🙄. Auf jeden Fall passt der Wein perfekt zu Wildgerichten oder einfach als Solitär wenn man mal wieder auf puren Genuss steht. 9,8.

 Bei Li Veli setzt man sich ganz gezielt vom apulischen Mainstream ab und steht am Anfang einer Entwicklung mit erstklassigen Rotweinen den Weltmarkt zu bereichern.

 
Wo wir schon mal hier unten sind, geht es nach dem Weingutsbesuch noch zu einem Stadtbummel und Dinner ins pittoreske Lecce.