Bonjour Bordeaux - Nov 2019

 

 

Wir wollten es endlich mal wissen. Alle reden von Bordeaux, nur wir nicht. Bordeaux war bis jetzt für uns unnahbar, undurchsichtig - kurz: zu kompliziert. Das sollte sich mit unsere großen Bordeauxprobe ändern. Vielleicht werden wir ja doch noch Bordeaux Fans...

Als der Weinaltar vorbereitet war, empfängt mich meine Frau mit den Worten: „… passend zur Vorweihnachtszeit habe ich ein tolles Rezept für Rotweingelee …“. Damit war die Erwartungshaltung für den heutigen Abend mal wieder präzise formuliert. 

 

Die DeKuckies haben sich selbstverständlich anhand der Lektüre des Kölner Weinkeller – Bonjour Bordeaux Okt 2018 – präzise und messerscharf vorbereitet. Zur Auswahl stehen 11 Bordeaux Weine aus den Anbaugebieten Medoc, Blaye & Bourg, Libournais, Entre-Deux-Mers und Graves & Sauternes. Damit war zumindest sichergestellt, dass wir aus allen wichtigen Regionen Testkandidaten zur Verfügung haben.

 

Na klar haben wir zu dieser außergewöhnlichen Probe auch gekocht (Menü 185). Damit mehr Zeit zum Verkosten bleibt haben wir kurzerhand das Menü vom letzten Even wiederholt. Natürlich war es sau lecker …. eigentlich wie immer. Zumindest gab es an dieser Stelle keine Überraschung.

 

Vorsichtshalber haben wir alle Weine dekantiert und ordentlich belüftet. In Ermangelung ausreichend vieler Karaffen, wurden bis auf 4 Weine, alle nach dem Belüften wieder in ihre Flaschen zurückgefüllt.

Am Ende gab es bei der Bordeaux Probe allerdings auch keine echte Überraschung. Wie zu erwarten liegt uns das Gros dieser Weine eher nicht. Das grundsätzliche Problem das wir mit Bordeaux Weinen haben, ist das immer mehr oder noch mehr präsente Tannin. 

Die Preisspanne der Weine lag zwischen 14€ und 85€., bzw im Schnitt bei ca 38€ p. Flasche. Dh insg lag das Testfeld eher auf der hochpreisigen Seite. Die Preise in Kombination mit dem immer präsenten Tannin macht uns am Ende eher weniger Freude.

Festzustellen bleibt, dass alle 4 DeKuckies die Weine fast in die gleiche Rangfolge bringen, dass es bei uns insg nicht wirklich zu Begeisterungsstürmen kommt und dass es am Ende nur 3 Weine über die 9,5 Punkte schaffen. 

Dazu gehört der uns schon lange bekannte und immer sehr gute Clos Dubreil. Ein absolutes Kraftpaket, bei dem die Tannine zwar spürbar, die von uns geliebten Fruchtaromen aber trotzdem präsent sind. Der Wein ist irre dicht und lang. 

Dann war da noch der Clos Marsalette. Nicht ganz so dicht wie der Clos Dubreil, zeigt der Wein aber auch deutlich weniger Tannin und ist ein süffiges, leckeres Exemplar, welches nur 1/3 des Clos Dubreil kostet. 

In der gleichen Preisklasse liegt dann auch der 3te Sieger. Chateau Roylland mit seinen tollen Noten nach Kirsche, Cassis und Vanille. 

Der ganze Rest des Testfeldes kann uns nicht wirklich überzeugen.

 

Auch wenn es ein spannender Abend war sieht nicht so aus, dass wir unsere Vorlieben ändern werden. Wir werden weiter mit Freuden in unserem Lieblingsweingeschäft in Köln shoppen gehen, jedoch erst einmal keine Bordeaux Weine. 

 

Rot      
Land Region Weingut Wein Ausbau Jahr Preis € Trinkreife Bewertung Udo´s
                   
France - Medoc Paulliac (Bordeaux) Chateau-Grand-Puy-Lacoste Chateau-Grand-Puy-Lacoste 5e Cru Classé 2012 65,00 2016 - 2042 Nov 2019: Zu Beginn intensive Fruchtaromen (Cassis) in der Nase. Im Mund Schokolade und insgesamt weich. Der Wein wirkt zu Beginn etwas kurz. Erst nach 4h an der Luft sind die Fruchtaromen vollständig präsent. Im Abgang wirkt der Wein etwas dünn. 9,0
France - Medoc Haut-Medoc (Bordeaux) Chateau Belgrave Chateau Belgrave
5e Cru Classé
2011 32,00 2015 - 2021 Nov 2019: Zu Beginn intensive Beerennoten (rote Beeren) in Nase und Mund. Tannine dezent. Auf Dauer wirkt er uns zu maskulin. Die Beerenaromen sind nach einiger Zeit verflogen. Der Wein bleibt weich. 8,5
France - Blaye & Bourg Bourg (Bordeaux) Château La Croix-Davids Château La Croix-Davids   2014 16,90 2018 - 2024 Nov 2019: Sehr weicher Wein. Kein störendes Tannin. Erinnert geschmacklich an Spätburgunder. Die beerigen Aromen bleiben bis zum Ende erhalten. Insg wirkt der Wein aber zu dünn. 7,0
France - Libournais Pommerol (Bordeaux) Chateau Gazin Chateau Gazin   2011 79,00 2015 - 2038 Nov 2019: Geile Beerennase, gemischt mit Vanille. Im Mund wirkt der Wein zu herb. Im Prinzip wirkt der Wein rund und ausgewogen, wären da nicht die vordergründigen Tannine. Der Eindruck bleibt auch nach Stunden stabil. 8,0
France - Libournais Lussac-Saint-Emilion (Bordeaux) Chateau La Garenne Chateau La Garenne Bordeaux 2005 14,30 2015 - 2020 Mai 2015: Für einen Bordeaux ganz nett, passt aber trotzdem nicht in unser Geschmacksbild, zu wenig Frucht. 8,0. / Nov 2019: Intensive Beerenaromen, gepaart mit einem öligen Pelz im Mund. Tannine wirken immer noch zu dominat. Nach 4h an der Luft wirkt der Wein deutlich runder, mehr aber auch nicht. 6,5
France - Libournais St Emilion (Bordeaux) Chateau Ripeau Chateau Ripeau   2011 25,00 2015 - 2020 Chateau Ripeau liegt in der Grand Cru Classe Region in der auch so namhafte Gueter wie Cheval Blanc oder Corbin liegen. Das Weingut gehört dem Familienclan der Pomerol's. Beides also prinzipiell gute Voraussetzungen fuer einen ordentlichen Bordeaux. Bin gespannt. / Nov 2019: Geile Fruchtnase (Blaubeere, Brombeere). Ab dem 2ten Schluck legen sich die Tannine auf den Schleimhäuten ab. Nach mehreren Stundenwirkt der Wein nicht mehr herb, bietet aber viel zu wenig Fruchtaromen. 7,0
France - Libournais St Emilion (Bordeaux) Chateau Roylland Chateau Roylland   2015 25,90 2019 - 2025 Nov 2019: Geile Frucht (Kirsche, Cassis) und tolle Vanillearomen in der Nase. Kräftiger Rotwein. Tannine kommen erst mit der Zeit durch. Je länger wir ihn trinken umso mehr gewöhnen wir uns an den Geschmack …. Positiv. 9,5
France - Libournais St Emilion (Bordeaux) Clos Dubreil Clos Dubreil   2010 85,00 2022 - 2045 Feb 2018: Dicht, volle Beere (Kirsche), perfekt eingebundenes Tannin (und ich hasse Tanninbomben!!)(Karamell), unendlich lang, Druck, kann vor Kraft kaum laufen und will vor allen Dingen den Mund garnicht verlassen ! Für mich ein echter Ausnahmebordeaux ! 9,8 / Nov 2019: Geile Nase und volle Power in der Fresse. Der Wein ist und bleibt fett. Viel Schokolade, gepaart mit Brombeere und schwarzer Jo-Beere. Die Kraft die in dem Wein steckt drängt die Tannine nach hinten. 9,8. Wegen des Preis gehen wir auf 9,6 9,6
France - entre-Deux-Mers Graves de Vayres (Bordeaux) Chateau Le Lau Chateau Le Lau - Perle Noire   2015 19,50   Nov 2019: Sau geile Berennase. Für einen Merlot leider enttäuschend dünn im Mund. Zu Beginn schmecken wir Zitronengras. Mit der zeit belibt von den Aromen nicht viel übrig. 6,0
France - Graves & Sauternes Pessac-Léognan (Bordeaux) Neipperg Clos Marsalette   2009 28,00 2015 - 2029 Sept 2016: Das Weingut in der Nähe von Latour macht einen süffigen und leckeren Bordeaux!! Für unsere Geschmacksknospen eine Seltenheit !! In der Literatur wird eine Lagerfähigkeit bis 2029 angegeben. Der Wein ist jetzt aber schon nahe am Höhepunkt. Würde ehrlich gesagt nicht über die 10J hinaus gehen. Wein benötigt eine Weile zum Atmen, entfaltet dann aber ein starkes, maskulines Aroma. Beeren, Dörrobst, Rauch, Würze. Intensiv. 9,6 / Nov 2019: Hammer dichte Beerennase. Der Wein ist spontan lecker und vor allen Dingen lang. Die Fruchtaromen bleiben auch nach längerer Zeit an der Luft präsent. Nicht ganz so dicht wie der Clos Dubreil, aber auch deutlich preiswerter. 9,6
France - Graves & Sauternes Pessac-Léognan (Bordeaux) Chateau Mirebeau Chateau Mirebeau   2014 25,90 2020 - 2030 Nov 2019: Würziger Wein, mit Aromen nach Paprika. Insg aber pelziges Mundgefühl und frü uns zu flach. Nach ca 2h kommen Kirscharomen durch. Der wein bleibt aber in Summe zu ausdrucksschwach. 7,0
 

Neulich in meinem Lieblingsweinmagazin Fine 3/2019:

 

Es wurden 11 Weine aus den Jahren 1989 bis 2009 der beiden Icon Weingüter Chateau Lafleur (Pomerol) und Chateau Ausone (Saint- Emillion) verkostet.

 

Wenn man den Kräftevergleich liest wird klar, dass schon ideale Lagerbedingungen gewährleistet sein müssen, um solche Kostbarkeiten über den Gipfel der Tannin Power hin zur maximalen Fruchtentfaltung zu führen.
Liest man die Beschreibung der Verkostung des 1982er und 1989er Chateau Lafleur, oder der beiden 2000er Chateau Lafleur und Chateau Ausone, so sind die beschriebenen Aromen genau unser Geschmack. Reife schwarze Früchte, Bitterschokolade, Mousse au Chocolat, Toffee, Nougat, Opulenz gepaart mit Leichtigkeit, u.v.a. Von Tannin ist nirgendwo mehr die Rede. Es wird nur von schmelziger Frucht und eindrucksvoller Süffigkeit berichtet. Mir läuft schon beim Lesen das Wasser im Mund zusammen.

 

Wenn Weine so perfekt ausgebaut, abgefüllt und gelagert werden, dass man nach 20 oder gar 35 Jahren ein so orgastisches Weinerlebnis hat, dann sind sicherlich höhere Preise berechtigt.

Die aktuellen Preise der beiden Weingüter rangieren Preise zwischen 1000 und wahnwitzigen 5000€ p. Flasche. Der 1989er Chateau Lafleur ist aktuell für ca 1000€ im Handel verfügbar. Für den 2000er muss man aktuell ca 2000€ berappen. Chateau Lafleur 1982er wird aktuell für ca 5000€ p. Flasche gehandelt. Demgegenüber erscheint der 2000er Chateau Ausone für ca 1100€ fast preiswert ;-)

 

Sind diese Preise nun berechtigt, oder irrational? Man muss das vermutlich so ähnlich betrachten, wie den Kauf eines Lamborghini ́s mit dem man dann 1-2x im Jahr in Urlaub fährt und ihn ansonsten in der Garage parkt, damit er nicht rostet.

 

Trotzdem bleibt immer die Frage, bzw der Reiz, soll ich mir wirklich eine oder besser mehrere Flaschen solcher sündhaft teuren Icon Weine für 20 Jahre in den heimischen Normalkeller legen und darauf hoffen, dass mein Invest die Lagerzeit unbeschadet überleben wird? .... Kann man machen.

 

Ich bleibe dann aber doch meiner Devise treu, es gibt viele geile >95Pkte Weine, die ich für ein vertretbares Budget und bei einer für mich vertretbaren und halbwegs sicheren Lagerzeit von 4 bis 6 Jahre reifen lassen kann. So finde ich als WeinNormalGeniesser mit gehobenem Anspruch mein Gros an Lieblingsweinen zwischen 15 und 50.

 

Und trotzdem bleibt natürlich der Reiz. Ja, in meinem Keller liegen auch Weine wie der Artadi San Lazaro für 112 , der Unico für 300€ oder der Cos d`Estournel für 200. Warum? Na weil ich neugierig auf diese Weine bin. Wohl wissend, dass ich hier bereits das o.g. Risiko trage: Wenn die Pullen über die Zeit irgendwo – irgendwann ungünstigen Lagerbedingungen ausgesetzt wurden, werden sie ihre prognostizierte Lagerfähigkeit nicht erreichen und dann reicht ́s ggf noch nicht mal für ein gutes Gulasch ;-)