Priorat  Die einsame Rebe – Juni 2023

Die Priorat Pioniere:

Zwischen 1986 und 1989 begannen Rene Barbier (Clos Mogador, gegründet 1979), Álvaro Palacios (L'Ermita, Finca Dofí, 1994 erstmals abgefüllt. Erster Besuch bei Rene Barbier 1989), Carlos Pastrana (Clos de l'Obac), José Luis Pérez (Clos Martinet, 1986) und Daphne Glorian (Clos Erasmus, 1988) das unwegsame, verlassene und fast vergessene Priorat zu rekultivieren und wieder ins Blickfeld der Weinwelt zu katapultieren.

 

Meine Faszination des Priorats begann ca 20 Jahre danach mit unserem Barcelona Urlaub 2008. Die Kinder waren noch klein und wir machen unseren ersten echten Finca Urlaub mit Freunden nördlich von Barcelona in Palafrugell.

 

Zwei Weine des Weingut Rotllan Torra und ein Wein von Alvaro Palacios lagen damals ganz oben auf unserer Bewertungsliste. Damals noch etwas unbeholfen in unserer Art den Weingenuss zu beschreiben 🤪. Heute würde ich sie als dicht, fest, ausdrucksstark, mit geschmeidigem Tannin und eher auf der maskulinen Seite beschreiben. Damit haben die Weine von Rottlan Torra (founded 1984) maßgeblich dazu beigetragen, dass wir den Priorat Weinen erlegen sind.

 

Unzählige Priorat Weine später hält die Faszination unverändert an. Allerdings haben sich unsere Favoriten mittlerweile geändert. Rottlan Torra ist praktisch komplett vom deutschen Markt verschwunden, damit auch aus unserem Weinkeller. Die Weine von Alvaro Palacios hat der asiatische Markt zerstört und gehören bis auf wenige Ausnahmen in die Kategorie „unbezahlbar“.

 

Die Weingüter Vall Llach & Mas Alta haben seitdem unsere Herzen & Geschmacksknospen erobert und sind seit Jahren auf der Liste unserer „most wanted“ ganz oben. Endlich haben wir es geschafft und sind auf beiden Weingütern zur Probe verabredet.

 

1 Arrival

 Nach unserer Ankunft am Flughafen Barcelona dauert es noch eine Weile ehe wir unseren Mietwagen haben. Ich kann es kaum erwarten, doch dann ist es soweit. Wir sind endlich auf dem Weg ins nur ca 130 km entfernte Priorat.

 

In Tarragona machen wir kurz Halt und vertreten uns die Füße nach dem Flug. Der kurze Stadtbummel führt uns über die Küstenpromenade in die schöne historische Altstadt, die mit ihren ganzen Ausgrabungen uns schon fast ein wenig an Trier erinnert.

 
Von Tarragona aus dauert die Fahrt nach Gratallops keine Stunde mehr. Wir nähern uns langsam dem kleinen Örtchen Falset – dem Tor zum Priorat – und sehen die mächtige und imposante Gebirgskette der Serra de Montsant vor uns aufsteigen. Was für ein beeindruckendes Panorama und das ist erst der Anfang.

 

 Wir erreichen unsere Unterkunft – das Weingut Trossos del Priorat – pünktlich um 15Uhr.

 

Chillen auf der riesigen Dachterrasse des Weinguts mit ihrer phantastischen Aussicht über die hügelig dahinschwingenden Weinberge, über Gratallops bis hin zum neu errichteten Weingut von Spaniens größtem Weinproduzenten Miguel Torres in El LLoar. Hier zu sitzen und gedankenverloren mit einem Gläschen Wein über die gefühlt unendlichen Weiten der kargen Weinhügel zu schauen, wird unsere Lieblingsbeschäftigung der nächsten Abende.

 

Und wo wir schon mal auf einem Weingut wohnen, genießen wir am ersten Abend gleich mal unsere erste Weinprobe aus dem hauseigenen Sortiment.


Die Idylle wird nur kurz gestört, als eine Motorrad Gang von bestimmten 20 Bikes an unserem Hotel vorbei über den Bergkamm nach Gratallops knattert. Klar ... bei den Kurven ist das Priorat ein ideales Eldorado für Biker und vermutlich in jedem Biker-Urlaubsführer gelistet. Nach 2 Minuten ist der Spuk vorbei und die mediative Ruhe wieder hergestellt.

 Weinprobe Trossos del Priorat

 

 Der Blick auf das Montsant Massiv von der Hotel Terrasse ist wuchtig & schroff. Jetzt im Juni wird die Landschaft mehr durch Braun- als durch Grüntöne dominiert. Und das wo wir noch nicht mal Hochsommer haben. Das Grün fehlt eindeutig für den gefälligen Genuss. Trotzdem kann ich meine Blicke in den nächsten Tagen nicht von dieser faszinierenden Felskulisse lösen.


Wir sitzen auf der Terrasse des Trossos. Es regnet
☔️ und wir machen es uns unter dem Vordach bequem. Bis zum Abendessen ist Zeit genug der Kollektion des Hauses einmal auf den Zahn zu fühlen. Und na klar, während der Probe kommt dann doch noch die Sonne 🌞
raus. Die Hügellandschaft glitzert in der Restfeuchte, welche noch vor Sonnenuntergang wieder komplett weg trocknet.

 

Trossos del Priorat – Weiß

Llum d'Alba, 2021, 18€.
Die Cuvee aus Garnacha Blanca, Macabeo (Viura) und Viognier wird im Stahl ausgebaut. Der Wein erscheint klar und in blassem Strohgelb. Im Mund haben wir etwas Stein und Salzigkeit. Insgesamt fehlt uns aber Ausdruck in alle Richtungen. Nimmt man dann noch einen neutral gewürzten Cracker dazu, geht der Wein komplett unter. Schade. 7,0.

Abracadabra, 2021, 34€.
Die Cuvee aus Garnacha Blanca und Macabeo wird durch Vanillenoten dominiert und ist weich und geschmeidig. Deutlich kräftiger in der Farbe. Etwas Steinobst, ein paar Röstnoten. Der Wein Tut nicht weh, ist uns aber für die Ausdruckskraft zu teuer.
8,0
.

 

Trossos del Priorat – Rot

Lo Petit de la Casa, 2021, 16€.
Mittleres Kirschrot.
Saubere intensive Beerennase (schwarze Früchte). Würzig, mit leicht süßen Nuancen. Sehr weich und frisch, fruchtig, easy going. Netter Einstieg in das fruchtbetonte Priorat. Gute Preis-Leistung. 9,0.

L'Estaca, 2018, 20€.
Ein reiner Garnacha, mit einem leicht braunen Rand im Glas. Im
👄- und 👃
-Raum machen sich intensive und dichte Aromen breit. Leicht reduktiv und würzig. Trotz des Alters sind die Tannine noch deutlich merkbar und machen uns den Wein trotz seines Alters zu sperrig. 8,0.

 Lo Món, 2017, 25€.
Jetzt wird es spannend. Mit der Cuvee aus Garnacha, Cariñena, Syrah und Cab Sauv haben wir erstmals richtige Ausdruckskraft im Glas. Tiefes Kirschrot, dunkles Obst, würzig, kraftvoll und dicht. Ein geschmeidiger, süffiger Wein. 9,0.

Pam de Nas, 2018, 45€.
Die Cuveé aus Garnacha & Cariñena wird aus Reben mit einem Mindestalter von 75 Jahren gekeltert. Hier kommt erstmals so richtig Spaß ins Glas. In der Nase reifes Obst & getrocknete Kräuter. Im Mund kraftvoll, fruchtig und maskulin zugleich. Der Wein bleibt dabei geschmeidig und süffig. Auch wenn 45€ grundsätzlich nicht günstig sind, haben wir hier ein noch gutes Preis-Leistungs-Verhältnis im zT sehr teurem Priorat. 9,2.

 

Gegründet im Jahr 2003 ist hier sicherlich noch Potential in den nächsten Jahren zur Qualität der alt eingesessenen Gründerväter aufzuschließen.

 

Mittlerweile ist es 20:30 U. Wir fahren nach Falset – Hauptstadt des Priorat – in´s Hostal Sport.

 

  Wir erleben ein klassisch, sehr traditionell eingerichtetes, spanisches Restaurant und sind umgeben vom Charme eines traditionellen, alt eingesessenen Hotels. Auf Mallorca würden wir jetzt an eine Touristenfalle denken. Hier kommt uns das nicht in den Sinn. Um 21 U sind wir die einzigen Gäste. Das Lokal füllt sich erst nach 21:30 mit den ersten Einheimischen. Wir genießen den Abend mit einer unerwarteten Kombination aus traditioneller, simpler, aber sehr geschmackvoller Küche und einer total abgefahrenen Weinkarte die echte alle Weine des Priorats und Montsant auflistet. Wir sind beeindruckt. Warum nicht mal Croquettas oder klassisch, saftigen Gulasch mit einer Priorat Ikone zu über 1000€ pro Flasche genießen 😇. Alvaro Palacios lässt grüßen.

Unser Menü besteht dann auch aus unterschiedlich gefüllten Croquettas, einem Salat mit Tomate und Thunfisch, sowie einem top gegarten, butterweichen Rinderbraten – wie bei Muttern mit viel Soße
😊
. Dazu gönnen wir uns einen 2019er Clos Martinet (EK 54€). Die Cuvee aus Garnacha, Syrah, Cariñena, Merlot, Cab Sauv & Monastrell ist dunkel Purpur und dicht im Glas. Im Mund Pflaume, Kirsche, würzige Power aus Kräutern und Schokolade. Im Vergleich zum Pam de Nas ist der Martinet deutlich mineralischer und jugendlicher. Wir haben einen echten Klassiker von einem der Priorat Pioniere im Glas. 9,4.