Varna & Balchik - Mai 2025
Bei bedecktem Wetter ist La Familia in Varna gelandet. Bulgarien empfängt uns mit einer ungewöhnlichen Mischung aus Modere (bestes WLAN & modernstes Taxi
Kultur ever), orthodoxer Kultur und dem shabby chic der hiesigen Gebäude.
Die nächsten Tage verbringen wir in Varna. Die junge Studentenstadt lädt bei schönstem Frühlingswetter ein zum Stadtbummel, flanieren in den Parks oder einfach nur zum Chillen bei einem
gepflegten Bier an einer der zahlreichen Strandbars.
Natürlich gehört die Cubo Bar dazu. Hier ist der
studentische Treffpunkt der medizinischen Hochschule Varna. Studieren am Strand ist mal eine ganz neue Perspektive auf das Studentenleben. Von der Uni bis zum Strand sind es mal gerade schlappe
30min zu Fuß oder 5min mit dem Taxi.
Und so genießen wir das Strandleben bei einem kühlen Bier. Dicke Klamotten benötigen wir trotzdem … in dem kalten Wind sind es gefühlt nur wenige Grad über Null, trotz blauem Himmel. So fühlt es
sich ein bisschen an wie auf Norderney - Grüße an die Insel.
In den nächsten Tagen werden wir - neben dem Besichtigungsprogramm und jede Menge Zeit zum Chillen - unsere persönliche Bulgarien Wine Challange durchführen. Inspiriert durch die positiven Erlebnisse auf der diesjährigen ProWein widmen wir uns dem Thema hier an der Schwarzmeerküste.
Wir ziehen um auf der Terrasse des Crafts, beobachten
das geschäftige Treiben im Hafen von Varna und testen den ersten von am Ende 23 verschiedenen bulgarischen Weinen.
Varna Winery
Die Varna Winery ist seit 2008 in Betrieb und liegt 2km vom Strand entfernt nördlich von Varna auf halber Strecke bis Balchik.
Varna Winery, Sauvignon Blanc, 2024 (33Lev, ca 17€).
Sehr blumig und fruchtig. Uns fehlt es etwas an Struktur. 8,0.
Varna Winery, Blush, Rose, 2024 (34 Lev, ca 17€).
Der Rosé ist ein easy drink. Es fehlt ein wenig an aromatischer Tiefe. Kein Vergleich zu einem Rosé von AVA Vi oder Tina Pfaffmann. 7,8.
Weiter gehts mit einem Einstiegswein der Domaine
Boyar. Boyar ist eine der größten Wineries Bulgariens, die mit Korten Wines
(s.u.) im eigenen Haus zusätzlich eine kleine „Boutique“ Winery betreiben.
Domaine Boyar, Pure Pink, Rose, 2023 (ca 7,50€).
Muss man nicht haben. Das geht besser, auch auf Supermarkt Niveau. 6,0.
Die Sonne von Varna lädt zum Stadtbummel, und einem Walk durch den Primorski Park ein. Die Stadt lässt sich gut an einem Tag zu Fuß erlaufen. Am Abend geht’s wieder an den Hafen. Diesesmal zum
Dinner ins Staria Chinar. Wir genießen die deftige, authentisch bulgarische Küche, Life Musik inklusive.
http://stariachinar.com/port-varna/
https://www.santa-sarah.com/bg
https://www.santa-sarah.com/bg/about/
Zum Essen gönnen wir uns einen Santa Sarah. Das Weingut wurde 2001 in einem Wohnwagen und ohne eigene Reben gegründet. Mittlerweile ist Santa Sarah gewachsen und etabliert. Das eigene Weingut mit
29ha Reben liegt in Meeresnähe südlich von Varna nahe dem historischen Örtchen Nessebar.
Santa Sarah, Privat, Mavrud & Cab Sauv, 2021 (Restaurant 112Lev Restaurant, ca 57€ / EK 61Lev, ca 31€).
Die Mavrud Trauben stammen von 40 Jahre alten Reben aus dem Thracian Valley.
Wir haben einen brillanten Wein voller Schwarzkirsch Aromen, Kakao und etwas Pfeffer auf unseren Geschmacksknospen. Voll, weich und lang. Was wir zu dem Zeitpunkt noch nicht wussten: Es wird der
beste Wein auf unsere Bulgarienreise. 9,9.
Am nächsten Tag besichtigen wir die Medizinischen Hochschule Varna. Klein und beschaulich hat die Uni mit seinen rund 1200 Studenten der Fächer Medizin, Pharmazie und Zahnmedizin einen schon fast
schulischen Charakter.
https://www.mu-varna.bg/BG
Mittags geht‘s dann mit 2 Taxen zum Weingut Odessos. Wir sind verabredet.
https://wineodessos.com/
Odessos Winery (17.04.2025)
Das Weingut liegt am Ortsrand von Varna und produziert aktuell 20.000Fl p.a. Zum Vergleich: Odessos ist damit genauso groß wie AVA Vi auf Mallorca, wo man allerdings ein wenig Vorsprung hat und
bereits seit 2011 am Markt ist. Die erste Ernte bei Odessos wurde erst 2020 eingefahren. Damit gehört Odessos zu den jüngeren Weingütern Bulgariens und passt perfekt in die aktuell aufstrebende
WeinWelt Bulgariens. Das ist insbesondere deshalb bemerkenswert weil die Weinbaugeschichte Bulgariens auf über 3000J vor Chr. zurück geht. Bulgarien scheint sein Potential nun aber zu erkennen
und so herrscht Aufbruchstimmung im Land (S. ProWein 2025).
Odessos liegt in Varna und damit direkt an der Schwarzmeerküste und nicht wie die viele andere in der traditionell bulgarischen Bergregion (Südwesten, Strumatal).
Wir erleben eine sehr enthusiastische Führung durch die Brüder Vankov. Insbesondere Georgi Vankov, der wine maker, erläutert leidenschaftlich seine Keller Arbeit.
Keller Arbeit bekommt bei Odessos eine ganz neue Bedeutung!! Unser Taxi lässt uns in einer Wohngegend im Norden von Varna raus … wir sind kurz irritiert und fragen nach. Wir sind richtig
und werden von Vladislav Vankov mit den Worten „you are late for germans“ empfangen.
Zu dem Zeitpunkt frage ich mich allerdings immer noch ob wir hier richtig sind. Von außen sieht es aus wie ein mehrstöckiges Wohnhaus. Drinnen stehen wir in einem Geschäft für Winzer
Zubehör.
Als wir vollzählig sind gehen wir in den Keller und befinden uns in einer wirklich winzigen Micro Winery. Das Lager besteht aus zwei kleinen Räumen mit Edelstahlfässern und gebrauchten Barrels
aus ausschl. bulgarischem Holz. Gefühlt ist das Ganze hier nicht größer als Doppelgarage. Hier bekommt der Begriff Garagenwein eine ganz neue Bedeutung.
Bulgarien war während der Sowjetzeit der viert größte Wein Producer. Seit den 90er Jahren erfindet sich die Weinwelt Bulgariens wieder neu. Das Start-up Odessos hat derzeit keine eigenen
Weinberge, sondern kauft die Trauben hauptsächlich bei Growern, aber auch bei anderen bulgarischen Weingütern zu. Die Trauben stammen allesamt aus der Küstenregion Bulgariens.
Die Vankov Brüder haben langjährige Beziehungen zu den Growern aufgebaut und kennen die Plots von denen sie die Reben zukaufen persönlich. Noch kann sich Odessos den Luxus erlauben in Jahren in
denen die Traubenqualität zB beim Syrah nicht ausreicht, keine Trauben abzunehmen.
Beeindruckend ist das, was sich hinter dem QR Code auf den Rückenetiketten der Weine verbirgt. Hier kann man sich mit einem Klick auf einen Drohnenflug zu den passenden Weinbergen begeben.
Wir starten die Probe mit Weiß:
Dimiat, 2024 (8,5€).
Dimiat ist eine autochthone Traube Bulgariens. Georgi besteht sogar darauf, dass Dimiat eine echte Black See Traube ist. Egal was die Historiker zu dem Thema sagen, wir finden bei der Dimiat
passt perfekt in die Region. Der Wein kommt von 45 Jahre alten Reben und empfängt uns mit einer super frischen Nase. Der grüne Apfel springt uns förmlichen in die Geruchsrezeptoren. Darüberhinaus
riecht der Wein kraftvoll und aromatisch. Geschmacklich ähnelt er fast einem Riesling ist aber deutlich softer. Frisch & belebend, keine spürbare Säure. Mineralisch, leicht. Top. 9,4.
Sauv Blanc 2023 (8,5€).
Die Sauvignon Blanc Produktion ist inspired durch Georgis Lehrzeit in Neuseeland. Gras & Zitrus. Dezenter als neuseeländische SB. Für uns ein wenig zu dezent. 8,9.
Cab Franc, Red Label, 2023 (11€).
Als cool climate grape ist die Rebe ideal für diese Region geeignet. Die Reben wachsen in der Nähe des Tsonevo See. Extrem intensive Kirsche in der Nase !! Unglaublich mit welcher Kraft einem die
Aromen in die Nase springen. Im Mund sehr fruchtig mit viel Beeren und Pfeffer. 9,3.
Cab Franc , Blue Label, 2023 (13€).
Der Blue Label zeigt ggü. dem Red Label mehr grünen Pfeffer und wirkt insgesamt deutlich weniger fruchtig. Der Blue Label kommt von einem Plot der 100km vom Red Label Plot entfernt in der Nähe
der Landzunge bei Balchik liegt. Vinifikation und Ausbau ist komplett identisch zum Red Label und doch ist der Blue Label ist ein komplett anderer Wein !!! Krass wie unterschiedlich sich Terroir
im Geschmack wieder spiegeln kann. 9,7.
Rose, 2023 (8,5€).
Für unseren Geschmack etwas zu schlank und zurückhaltend. 8,2.
Wir verlassen Odessos, nicht ohne uns einen ausreichenden Vorrat an Dimiat und Blue Label mit in unser Ferienhaus nach Balchik zu nehmen.
Es war eine begeisternde Probe und wir sind gespannt, wie die Brüder das Weingut weiterentwickeln werden!
……..
Bulgarien Wine Challenge 2024
Nach einem Abstecher über Nessebar erreichen wir unser Haus kurz vor Balchik erst spät am Abend. Hier werden wir ein paar Nächte bleiben und u.a. die irre Aussicht von der Finca auf die Bucht von
Balchik genießen. Aufgelockert werden die nun folgenden Finca Verkostungen durch einen absoluten genialen und empfehlenswerten Ausflug auf die Halbinsel Kaliakra.
Der Berg Wein, 2024.
Produziert durch einen lokalen Hobbywinzer namens Berg. Der Wein kommt in der 1,5l PET Falsche 😳. Dunkles Kirschrot. Optisch klar. (Nase: Schoko, Reife Banane, nussig. Mund: saure Schokobanane.)
Die nicht ideale Lagerung des Weins hat das Geschmacksbild leider stark verzerrt, so dass eine Bewertung nicht möglich ist. Sehr schade. n.a.
Via Antica, Berliza, 2021 (14€).
Ein Cab Sauv dominiert durch Beere und Vanille. Sehr süß. Zu wenig Struktur. 8,0.
Villa Melnik, Aplauz, Melnik 55, Reserve, 2020 (14€).
Tief dunkles Kirschrot. Pflaume, Pfeffer, intensive Kräuter. Dazu leider eine störende herbe Note die sich über die eigentlichen Geschmacksnoten legt. 8,2.
Odessos Winery, Pinot Noir, 2023
Leichter fruchtiger Pinot. Typische Spätburgunder Aromatik. 8,5.
Domaine Boyar, Deep Red, Cuveé , 2023 (UVP 9,5€ ; gekauft für 7€).
Deutlich weicher als der Katarzyna. Weniger differenziert. Toller einfacher Wein. Für einen Wein unter 10€ erstaunlich süffig. 8,6.
Edoardo Miroglio, Reserve Elenovo, Mavrud, 2019 (20€)
Starke Kräuter Noten (Rosmarin), Waldpilze, Waldboden, Pflaume, dunkle Schokolade. Überreife Banane. 8,8.
Oriachovitza, Wine Reimagined, Unusual, 2023 (13€).
Cuveé aus Syrah & Viognier. Würzig, druckvoll und deutlich mineralischer und eckiger als der Aristoteles. 9,0.
Chateau Avli, Cab Sauv, Reserve, 2022 (18€).
https://avli.bg/
Starke dunkelbeerige Note in der Nase, dazu Schoko. Im Mund Kirsche, ansonsten samtig weich. 9,3. Wegen des Preis 8,9.
Varna Winery, SMS Red, 2023 (7€).
Ungewöhnliche Cuveé aus Syrah, Merlot und Sangiovese. Beeren-Kräuter Mix. Angenehm süffig. Hinten raus kommt - sehr dezent- das typische Sangiovese Tannin. 9,2.
Odessos Winery, Claret, 2024 (11€).
Helles durchscheinendes Kirschrot, aber dunkler als ein typischer Rosé. Der Cab Franc ist unfiltriert. Leichter mineralischer Rosé mit frischer Säure und leicht herber Note. Summer freshness.
9,2.
Domaine Boyar, Solitaire, 2021 (32€).
Kraftvoll, geschmeidiger Merlot. Nice, aber zur absoluten Spitze fehlen und ein paar Höhen und Tiefen. 9,3.
Cab Franc , Red Label, 2023 (11€).
s. Bericht Odessos. 9,3.
Korten Wines, Grand Vintage, 2021 (18€).
Intensive Jo-Beere. Kräuter! Cremig. Vielschichtig. Schöner Wein. Eckiger als der Katarzyna. 9,6.
Katarzyna, Encore, Syrah, 2021 (22€)
Weich, cremig, sehr elegant, stabiles Säuregerüst. Very nice. Ausgewogener und weicher als der Korten. 9,6.
Cab Franc , Blue Label, 2023 (13€).
s. Bericht Odessos. 9,7.
Orbelia Winery, Via Aristotelis, 2020 (12€).
Ausdrucksstark. Blaubeere, Mokka, dunkle Schokolade. Ein eher maskulin geprägter Cab Franc. Richtig lecker !! Bester Wein des Balchik Contest zu einem sensationellen Preis. 9,8.
Fazit: der Eindruck von der ProWein 2025 konnte während unserer Bulgarien Reise an die Schwarzmeerküste bestätigt werden. Das Land hat ein gewaltiges Potenzial in Bezug auf Weinqualität und
beginnt dies bei einigen ausgewählten Winzern und Weinen zu bestätigen. Bei insg. erstaunlich moderaten Preisen die nochmal unter dem Niveau von Südafrika liegen wächst, getrieben durch eine
Gruppe enthusiastischer Winzer, hier gerade etwas Großes heran.