Baden & Elsass - Juni 2025
Ein Gastbeitrag: Zum Dritten! Diesmal von der Weinreise über Fronleichnam (Ralf & Stefan)
Am Donnerstagmorgen fahren wir nach Freiburg. Wegen des Feiertags hat das Restaurant "Kuro Mori" für das Mittagessen leider geschlossen. So landen wir in der "Löwengrube" - sehr schön, insbesondere die Weinkarte. Wir beginnen die Reise mit einem 2022er Bernhard Huber Malterdinger Spätburgunder zum Essen. Rote Kirschen und Himbeeren werden erkannt. Ein wunderbarer Einstieg.
Am Nachmittag steht für die Männer die Kaiserstühler Burgundertour auf dem Programm, die
dieses Jahr in Vogtsburg-Burkheim stattfand. Die rund 5 Kilometer lange Wanderung führt uns durch die Weinberge, vorbei an insgesamt sieben Stationen, an denen wir 18 verschiedene Weine
verköstigen. Wir genießen die grandiosen Aussichten über den Rhein, den Kaiserstuhl und die Vogesen. Die Weine waren gut trinkbar – passend für den unkomplizierten Genuss unterwegs.
Auch Holger Koch vom gleichnamigen Weingut war bei der Tour mit dabei.
Nach der Verköstigung seiner Weine auf der ProWein 2024 jetzt eine Weinprobe durch seine Frau abgerundet durch das Gruppenbild mit Familie und Koch-Liebhaber Stefan. Besonders vorzüglich war der
Weißburgunder*** Selectionswein Großes Gewächs (2023).
Am Abend kehren wir im Restaurant „Rebstock“ in Vogtsburg-Oberbergen ein – dem
kleinen Bruder des Ein-Sterne-Restaurants „Schwarzer Adler“ von Franz Keller. Zum Essen gönnen wir uns eine besondere Flasche: ein 1996er Château Lafon-Rochet aus Saint-Estèphe im Bordeaux. Es dauerte ein wenig, bis die staubige Flasche ihren Weg aus dem Keller
an unseren Tisch fand. Der Kommentar des Kellners: „Sehr gute Wahl! 1996 war ein starker Jahrgang – das ist übrigens unsere letzte Flasche.“
Im Glas präsentiert sich der Wein vollkommen klar, in einem tiefen Violettrot, ohne jegliche Anzeichen von Oxidation. Auch in der Nase zeigt er sich frisch und angenehm – keine Fehltöne, nichts
Muffiges. Ein beeindruckender Wein: komplex, lebendig und ein faszinierendes Beispiel dafür, wozu ein 29 Jahre alter Bordeaux fähig ist.
Der zweite Tag beginnt nach dem Frühstück mit einer exklusiven Führung durch das Weingut Franz
Keller. Die moderne Anlage wurde 2013 nach langer Planungsphase direkt in die Weinberge gebaut und beeindruckt mit ihrer durchdachten Architektur. Unser Guide war Kurt Fischer, ein
Kaiserstühler Original und bekennender Schalke-Fan, der seit über 30 Jahren im Betrieb tätig ist und die Führung mit viel Wissen und Charme leitete.
Das Gebäude beeindruckt durch eine minimalistische, perfekt in den Hang integrierte Architektur. Der helle Sichtbeton erinnert farblich an den für den Kaiserstuhl typischen Lössboden – denselben,
den wir tags zuvor bei der Burgundertour in den Weinbergen gesehen hatten. Die begrünten Flachdächer und die terrassenartige Staffelung der Etagen greifen die charakteristischen Strukturen der
Kaiserstühler Weinberge auf, die eine maschinelle Bearbeitung überhaupt erst ermöglichen. Besonders beeindruckend ist die großzügige, lichtdurchflutete Gestaltung der gesamten Anlage – inklusive
der “Keller"- Wirtschaft für Veranstaltungen im Obergeschoss, die mit einem fantastischen Blick über die Weinberge aufwartet.
Das Weingut Franz Keller bewirtschaftet derzeit 40 Hektar eigene Rebflächen, die aktuell auf "Bio” umgestellt werden. Aus diesem Grund wird kein Traubenmaterial mehr von anderen Winzern
zugekauft, da viele den zusätzlichen Aufwand einer Bio-Zertifizierung nicht auf sich nehmen möchten. Insgesamt liegt die Jahresproduktion bei etwa 300.000 Flaschen.
Die Verkostung findet in der stilvollen Vinothek statt – umgeben von einer großen Auswahl an Weinen aus dem eigenen Sortiment sowie denen aus dem internationalen Weinhandel, mit Schwerpunkt Frankreich. Wir probieren unter anderem Weine aus der renommierten Lage „Oberbergener Bassgeige“: den 2022er Weiß- und Grauburgunder, sowie den 2023er Chardonnay.
Ein besonderes Highlight ist das Große Gewächs „Kähner“ Grauburgunder 2022 (32 €) – ein echtes Filetstück aus der Bassgeige. Er überzeugt mit vielfältigen Aromen, unter anderem
nach Birne und einem Hauch Heu, sowie einem intensiven und langanhaltendem Abgang.
Wir schließen die Verkostung mit dem Spätburgunder Achkarrer Schlossberg Großes Gewächs 2022 (90 €). Die Trauben stammen von 20 bis 30 Jahre alten Reben, die auf schwarzer
Vulkanerde wachsen – und genau das spiegelt sich im Charakter des Weins wider: intensiv und komplex. In der Nase zeigen sich Aromen von Kirsche, etwas Pfeffer und eine
dezente Holznote. Für Stefan ist dieser Wein das persönliche Highlight der „Keller“- Verkostung.
Den Abschluss bilden zwei Sekte: der Pinot Rosé (21 €) und die Grand Cuvée Pinot Rosé 2017 (38 €). Besonders die Grand Cuvée überzeug mit ihrer
lachsrosa Farbe, feiner Perlage und einem eleganten Duft nach Johannisbeere – ein ausgesprochen feiner und harmonischer Sekt.
Weiter geht’s nach Endingen am Kaiserstuhl zu Bettina Schumann. Empfangen und
begleitet werden wir von Joachim Bumen, ihrem Kellermeister, den wir bereits auf der diesjährigen ProWein getroffen hatten – ein vertrautes Gesicht und
unterhaltsamer Gastgeber.
Ein besonderes Highlight ist gleich zu Beginn der „Willkommens-Sekt“: ein ungeschwefelter Chardonnay 2022, frisch etikettiert und nur in limitierter Auflage
erhältlich. Der Sekt zeigt sich herrlich frisch und aromatisch, mit feinen Brioche-Noten und einer spannenden Aromatik, der wir noch auf den Grund gehen müssen. Eine echte Entdeckung – der muss
einfach in unseren Keller und so dürfen sechs Flaschen mit.
Anschließend geht es in den „Keller“ – einem Teil einer ehemaligen Fruchtsaftanlage. Die Trauben stammen von ausgewählten Winzern – einer davon ist auch Joachim selbst. Hier erhalten wir eine
exklusive Fassprobe des 2024er Weißburgunders „Bis in die Puppen“. Ein spannender Einblick, der Lust auf den fertigen Wein in den kommenden Jahren macht.
Nach Joachims begeisternden und leidenschaftlichen Ausführungen führt uns der Weg in die stilvoll eingerichtete Vinothek. Diese spiegelt das markentypische Design – den roten Schuh – charmant und
charaktervoll wider. Dort verkosten wir nahezu das gesamte Sortiment, begleitet von ausgezeichnetem Käse und erstklassiger Wurst.
Rund 60.000 Flaschen werden jährlich unter den beiden Linien „Rotschuh“ und „Goldschuh“ produziert – mit Weinen, die nicht nur geschmacklich, sondern auch namentlich auffallen. Viele
Bezeichnungen greifen charmant den Berliner Slang auf: „Walk on Clouds“, „Bis in die Puppen“, „Famose Schose“, „Famose Schose à la Pink“, „Mittenmang“, „Chaiselongue“,
„Bagalut“, „Haute Volaute“ oder „Achtkantig“.
Leider war der hochprämierte Grauburgunder „Dit is der Clou von’t Janze“ – vermutlich nicht ohne Grund – bereits ausverkauft.
Besonders gut gefällt uns der Bagalut – ein Weißburgunder aus der Goldschuhlinie. Ein komplexer Wein mit langem Abgang, aktuell (Jahrgang
2021) noch etwas ungeschliffen, aber mit viel Reifepotenzial. Etwas zugänglicher, dafür weniger tiefgründig, zeigt sich der Weißburgunder „Bis in die Puppen“
(2023) und der Grauburgunder „Famose Chose“ (2021) – beide aus der Rotschuhlinie und ideal für den sofortigen Genuss.
Alles in allem bleibt der erste Eindruck nachhaltig positiv – und der nicht auf der Preisliste geführte Chardonnay-Sekt war das Highlight des gesamten Besuchs bei Bettina Schumann.
Psst: Für unsere Freunde und Eltern des lieblichen Genusses haben wir noch ein paar kleine Flaschen des „Badisch Rotgold Feinherb“ mitgenommen.
Weiter ging es ins elsässische Ribeauvillé. Während die
Damen durch das charmante Städtchen schlenderten, machten sich die Männer auf den Weg zum renommierten Weingut Trimbach – mit seinem klaren Fokus auf Rieslinge.
Wir probierten uns durch das gesamte Spektrum: von den Einstiegsweinen bis hin zu den Lagenweinen. Als besonderes Highlight durften wir – ganz außerplanmäßig – auch die Großen Gewächse verkosten,
inklusive des legendären Top-Weins Clos Sainte Hune 2019 (349€). Diese Ikone des elsässischen Weinbaus, die kürzlich in der Frankfurter Allgemeinen
Sonntagszeitung von Stephan Reinhardt besprochen wurde, feiert mit dem 2019er Jahrgang ihr 100-jähriges Jubiläum.
Die Trimbach-Rieslinge stammen aus Lagen mit unterschiedlichen Bodentypen – entweder Kalk- oder Granitböden. Und das schmeckt man deutlich: Die Rieslinge vom
Kalkboden wirkten voller, runder, cremiger und eleganter, mit einem feinen Hauch von Champagner. Die Rieslinge vom Granitboden zeigten sich dagegen knackiger, frischer, mineralischer –
insgesamt etwas geradliniger und präziser.
Grundsätzlich zeichnen sich die Rieslinge von Trimbach, unabhängig vom Boden, durch eine eher zurückhaltende, weniger fruchtbetonte Stilistik aus – im Vergleich zum oft spritzigeren deutschen
Riesling, etwa aus dem Rheingau oder von der Mosel.
Drei Weingüter an einem Tag – das war durchaus eine kleine Herausforderung. Den Tag ließen wir im empfehlenswerten Restaurant Le Cammissar ausklingen, das mit hervorragender Küche und einem entspannten Innenhof überzeugte. Nach dem intensiven Verkostungsprogramm
hielten wir uns beim Wein etwas zurück: Ein Glas von der gut sortierten Karte offener Weine war genau das Richtige zum Abschluss eines genussreichen Tages.
Der Samstag war ein willkommener, weintourenfreier Tag, der ganz dem Sightseeing im Elsass gewidmet war. Auf dem Weg von Ribeauvillé nach Colmar legten wir noch einen Zwischenstopp im malerischen
Weindorf Riquewihr ein – ebenfalls absolut sehenswert. Nach
einem gemütlichen Stadtbummel und einem entspannten Mittagessen in Colmar ging
es zurück nach Deutschland.
Unser Quartier für die Nacht war das Hotel Liberty in Offenburg – ein ehemaliges
Gefängnis, das mit viel Stil zu einem außergewöhnlichen Hotel umgebaut wurde. Bei bestem Wetter genossen wir einen kurzen Aufenthalt im hauseigenen Schwimmbad und der Sauna, bevor der Tag im
Hotelrestaurant “Wasser & Brot” ausklang.
Zum Abendessen wurde – neben Wasser – ein 2015er Le Saint-Estèphe de Calon-Ségur serviert, der Drittwein des Château Calon-Ségur. Ein solider Bordeaux, der jedoch in Tiefe und Komplexität nicht an den 1996er “Lafon Rochet” (Saint-Estephe) vom ersten
Abend heranreichte.
Den schönen Tag beschlossen wir schließlich standesgemäß in der stilvollen Hotelbar “Strafbar”.
Am nächsten Morgen stand ein Besuch beim Weingut Schloss Ortenberg auf dem Programm, wo wir eine
private Führung gebucht hatten. Empfangen wurden wir herzlich von Ruth Schmidt, die uns während des gesamten Besuchs mit viel Charme, Fachwissen und Begeisterung begleitete.
Zum Einstieg gab es in der Vinothek erste Erläuterungen zum Weingut – begleitet von einem
kleinen Willkommenssekt: dem hauseigenen Pinot Brut. Ein gelungener Auftakt für einen
weiteren genussvollen Tag.
Das Weingut Schloss Ortenberg entstand 1997 aus dem Zusammenschluss des städtischen St.
Andreas-Weinguts (Eigentümer: Stadt Offenburg) und des Weinbauversuchsguts des
Ortenaukreises. Heute ist es mit rund 46 Hektar das größte kommunale Weingut
Deutschlands. Seit Mai 2021 wird es von Hotelier Thomas Althoff gepachtet, der sich mit der
Übernahme einen langgehegten Traum erfüllt hat.
Anschließend führt uns der Weg hinaus in die Weinberge. Unsere erste Station ist ein kleines
Waldstück, wo wir an einer imposanten Granitfelswand Halt machen – ein idealer Ort, um das
Terroir der Region ganz unmittelbar zu erleben.
Weiter geht es bergauf, und mit jedem Schritt öffnet sich der Blick weiter: vor uns breiten sich
die sanft abfallenden Weinberge aus, dahinter die Rheinebene, Offenburg liegt uns zu Füßen
– und in der Ferne ist sogar der Turm des Straßburger Münsters vor der Kulisse der Vogesen
zu erkennen.
Zwischendurch verkosten wir immer wieder verschiedene Weine, passend zur Umgebung. Die
letzte Station unserer kleinen Wanderung ist eine idyllisch gelegene Hütte mit herrlichem
Blick auf das Schloss Ortenberg, das heute eine Jugendherberge beherbergt.
Zur Mittagsvesper kehren wir zurück in die Vinothek. Bei feinem Käse und bester Wurst haben
wir noch einmal die Gelegenheit, uns durch die Weinkarte zu probieren: von den
„Granitweinen“ über die Gutsweine bis hin zu den Ersten und Großen Gewächsen.
Besonders hervorzuheben ist der Chardonnay St. Andreas Schlossberg Großes Gewächs
(2023) – ein kraftvoller und zugleich eleganter Wein mit würziger Note, mineralischer Tiefe
und langem Abgang: ein echter Genuss! Aber auch der „einfache“ trockene Granitwein-
Riesling überzeugt – vor allem mit einem beeindruckenden Preis-Leistungs-Verhältnis bei nur
11,50 Euro pro Flasche.
Zum Glück hatten wir im Vorfeld daran gedacht, Susans Lieblingsgetränk – Coke Zero – direkt
im Weingut zu bestellen. So konnten wir nach dem Verladen der eingekauften Weine gut
versorgt und entspannt die Rückfahrt nach Frankfurt antreten.
Das war unsere Weinreise 2025 – voller Genuss, Eindrücke und großartiger Begegnungen. Im
nächsten Jahr wird uns die Reise nach Italien führen – mit ersten Empfehlungen von Barbara
Stenico, der fachkundigen und sympathischen Leiterin der Vinothek von Schloss Ortenberg.