Priorat  Vall Llach – Juni 2023

  Am Vormittag des ersten Tages steht schon mal direkt Vall Llach auf dem Programm. Direkt nach dem Frühstück geht’s los aus der trockenen Region von Gratallops in das doch deutlich grünere Porrera. Erstaunlich wie sehr sich in nur 21min bzw nach 13km die Vegetation ändern kann. Vall Llach (gesprochen: Vaijak) befindet sich mitten im Ort und ist ohne Navi kaum zu entdecken. Unprätentiös liegt der neuere Teil des Weinguts mitten im Dorfkern. Keine Klingel, kein Mensch. Wir rufen unseren Kontakt an. Roger meldet sich und ist 2min später vor Ort. Wir gehen mit ihm gemeinsam den Weg über die Brücke zum alten Gebäude von Vall Llach welches heute ausschließlich zur Barrique Reifung genutzt wird. Im Keller bekommen wir eine kurze Einführung in die Geschichte des Weinguts.

  Der Katalane Enric Costa und sein Freund Lluis Llach gründeten das Gut Anfang der neunziger Jahre. Llach war zugleich katalanischen Musiker und Poet und so zieren diverse Vitrinen mit seinen Büchern und Bildern die Kellerei. In der Flaschenbibliothek zieren sein altes Klavier und ein Harmonium den Raum.

  Der Gang durch den Barriquekeller ist ein absoluter Traum. Hier liegen nicht nur Fässer ordentlich aufgereiht, hier befindet sich in mitten der Barriques eine Leseecke mit Stuhl, einem Tischchen und einer Leselampe ... da wird ein einfacher Barrique Keller zu einem Ort der Ruhe und Besinnung ... genau das was die Weine hier benötigen ... ich denke das Wort Entschleunigung wurde hier erfunden. Tradition, Liebe zum Detail, Liebe zum Wein und seinen Wurzeln wird hier gepflegt und gelebt. Wir verlieben uns auch in diesen Ort und seine magische Ausstrahlung.

Vall Llach, hier wird eine Ikone menschlich, nahbar und vertraut. Ein toller und krasser Gegensatz zu manch steriler Barrique Kathedrale.


 Und dann stehen wir plötzlich in einem kleinen Nebenraum mit Sherry Fässern. Vall Llach produziert Kleinstmengen an Sherry – bis dato noch – für den eigenen Konsum.  


 Wir philosophieren über die Haltbarkeit der Weine und sehen in der Weinbiliothek Weine seit der Gründung 1996. Der einfache 98er embruix ist heute noch kraftvoll und vollständig in Takt. Da ist es wieder mein Thema. Lange Lagerfähigkeit lässt sich nur bei absolut konstanten Lagerbedingungen wie zB am Ort seiner Entstehung erreichen.

  Wir wechseln die Szenerie und gehen die knapp 200m zum neuen Teil der Winery. Auf dem Weg erfahren wir, dass zur Abfüllung ein Schlauch quer durch den Ort vom Barrique Lager zum neue(eren) Gebäude verlegt wird ... Improvisation at it´s best. In Porrera hält man zusammen. Bei uns in Deutschland würde so etwas gleich zu einer Anzeige durch die Nachbarn führen. Wie schön das die Welt an manchen Stellen noch intakt ist.

 Im Winter 2021 zerstören Schneemassen die Kellerei am Marktplatz. Das Dach stürzt unter der Schneelast ein. 40% der Ernte war verloren. Was für eine Katastrophe, was für ein finanzieller Verlust und was für ein Verlust an tollen Weinen, die der Welt verloren gegangen sind.
Heute erstrahlt die Kellerei in neuen Glanz: Modern und auf optimale Arbeitsplatzabläufe optimiert.
Von hier sind es nur noch wenige Stufen bis in den Verkostungsraum. Wir stauen in der nächsten Stunde insbesondere über die Weine, die in Deutschland bis dato nicht erhältlich sind. Tja Silke – we are first this time
👍
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 Während des Rundgangs und dem phantastischen Blick von der Terrasse auf die Weinberge von Porrera kommen wir auf das Thema Klimawandel zu sprechen. Roger sieht dem Thema einigermaßen entspannt entgegen. Durch das vergleichsweise enge Tal kommt permanent Wind vom Meer in die Region. Tatsächlich führt das Nachts zur Tröpfchen Bildung auf den Blättern und zum cool down der Reben. Die letzten beiden Jahrgänge waren die besten die bis dato auf dem Weingut geerntet wurden. Wir hoffen das er Recht hat.

  Wir starten mit dem für uns neuen Weißwein Horta-Colomer, 2022 (40€). Der Wein ist in Deutschland nicht verfügbar. Ausgebaut in der Amphore kommt er mit irrer Frucht und einem echten Frischekick in der Nase an. Im Mund dezente Süße, welche dem Wein eine unglaubliche Trinkigkeit verleiht. Was für ein Start in eine Weinprobe. 9,7.

 Aigua de Llum, 2022 (45€). „Wasser des Lichtes“ ist wieder ein frischer, süffiger Weißwein gekeltert aus Viognier. Der Wein ist dem befreundeten katalanischen Dichter Miquel Martí i Pol gewidmet. Und so wird dieser Wein in einem Sammlerkarton mit einem Stück Schiefer und einem Fragment aus einem Gedicht des Dichters ausgeliefert. Der Wein wird 36 Stunden auf der Maische belassen und anschließend im Eichenfass ausgebaut. Sehr schöner, komplexer Wein. Hoch aromatischer, nach hellem Obst (Pfirsich, Aprikose) schmeckender Wein, der durch seine Mineralik sehr frisch und belebend wirkt. Zurückhaltende Säure. 9,3.

 

 Vi de Villa, 2022 (30€). Mit dem Garnacha Blanca ziehen weiße Blüten, Pfirsich und Zitrusaromen durch unsere Nase. Im Mund setzten sich diese Aromen fort und verleihen den Wein mit seiner angenehmen Mineralik Struktur & Länge. Sau geil! 9,6.

 

 Während der Verkostung betrachten wir die Weine der „Hauptsponsoren“ des Weinguts. Weine mit den Lables 4 älterer Damen, welche Ihr Land und Ihre Arbeitskraft in den Dienst von Vall Llach gestellt haben: Matilde, Catalina and Joaquina.

 

So ist zB La Joaquina 1930 (23€) käuflich zu erwerben, wiederum nur schwer in Deutschland. Der Wein wird als Cuvee aus Garnacha Blanca, Viognier und der autochthonen Rebsorte Escanya-Vella gekeltert. Wir nehmen eine Flasche mit und werden sie im Verlaufe der nächsten Tage verkosten (Reife Frucht, Kräuter Aromatik, Frische).

Wir sprechen über Clos L'Asentiu Tina 41, kurz T41 - das private Experiment von Albert Costa. Das Experiment einer Faßprobe aus Fass 41 (Tina 41) schlug so gut ein, dass er seitdem unter diesem Namen vermarktet wird (17€). Verfügbar in Deutschland seit kurzem exklusiv bei Silke. Wir kennen diesen Wein bereits aus unseren Mallorca Proben.

 
Die Hauptkundschaft von Vall Llach sitzt in Deutschland & den USA. Ziel ist es in Zukunft insbesondere den heimischen spanischen Markt weiter auszubauen. Eigentlich ein logischer Schritt bei einem Weingut das so sehr auf seine Tradition bedacht ist.

 

 Wir verkosten inzwischen weiter … und bekommen als nächstes die beiden Klassiker von Vall Llach ins Glas. embruxi und Idus gehören seit Jahren zu unserem Stammsortiment im Keller, und auf unseren jährlichen Weinverkostungen auf Mallorca.

 

embruix, 2021(27€). Die Cuvee aus Garnacha, Cariñena, Syrah, Cabernet Sauvignon & Monastrell ist mittlerweile ein echter Klassiker. Johannisbeere, Pflaume, dunkler Beerenkompott, süffige Maskulinität mit dezenter Schokolade im Hintergrund. Tolles Preis-Genuss-Verhältnis. Nur das Etikett wirkt ein wenig „altbacken“ und passt nicht so ganz die Vall Llach Stilistik. 9,5.

 

Idus, 2021(45€). Konzentration auf die beiden Rebsorten Garnacha & Cariñena und über 100-jährige Rebstöcke. Und so setzt sich die Aromatik des embruix hier mit deutlich mehr Fülle und Dichte fort. Der Wein ist super würzig und kraftvoll, ohne dabei die dunkelbeerige Komplexität aufzugeben. Für uns ein stand-alone Wein den man mit einem tollen Essen, aber mindestens genauso gut als Solist in einer Gedanken verlorenen Nacht genießen kann. 9,9.

 

 Und wenn das nicht schon genug wäre, so freuen wir uns natürlich unglaublich als Roger zum Star des Weinguts greift und einen Mas de la Rosa für uns aufzieht !

 
Mas de la Rosa, 2021 (330€). Natürlich sind wir geblendet. Natürlich sind wir absolute Vall Llach Fans, und natürlich gibt es auch bei uns eine Schmerzgrenze. Doch dieser Wein ist nun mal einfach ein unglaublich intensiver & ausdrucksstarker Trank! Beim Kellerrundgang wurde uns die Entwicklung des Weines seit 2010 vor Augen geführt. Mit zunehmendem Alter der Reben, weiterer Perfektionierung des Ausbaus ist es Vall Llach gelungen im Jahr 2018 die Kuppe des Weinberges als Grand Cru Classe klassifiziert zu bekommen. Natürlich nutzt Vall Llach diese Auszeichnung um den Preis zu verdreifachen. Nur (!) zu verdreifachen, wenn man bedenkt welche Preise andere Winzer der Region oder in Frankreich für Grand Cru Classe klassifizierte Weine aufrufen.

 

 Und so schließen wir unsere Augen und tauchen ab in die Aromenvielfalt eines perfekt gereiften & ausgebauten Cariñena. Vergessen sind alle Weine die wir vorher im Glas hatten. Die über 100-jährigen Reben welche auf der Kuppe des Weinberges reifen liefern ein unglaublich weiches und schier unendliches Aromenfeuerwerk auf alle unsere Geschmacksknospen. Dunkles Kirschrot, ein Cocktail aus Cassis, Himbeere und Brombeere. Vollmundig & seidig gleitet er durch unseren Mund. Outstanding. Wir haben lang darüber nachgedacht welche Note wir diesem doch sehr teuren Wein geben sollen. 10,0.

 

 

 Wir sprechen Roger auf den gleichnamigen Wein von Bodegas Torres an. Torres hat mittlerweile auch Land am gleichen Hang, jedoch in tieferen Lagen gekauft und vermarktet sein neues Produkt unter dem gleichen Namen. Ein Problem für Vall Llach? Nein, der finanzkräftige Weltkonzern pusht auf diesem Weg die Bekanntheit der Lage, wird aber an die Qualität des Mas de la Rosa von Vall Lach vermutlich nie herankommen, was nun mal in der Natur der Dinge liegt, wenn man seine Reben leider nur am Fuße des Hügels anbauen kann.

Roger fragt uns nach unseren Plänen für´s Essen am Abend, und so kommen wir auf das Buil Gene bzw das Restaurant Amics zu sprechen, welches wir gerne aufgesucht hätten, aber leider keinen Platz bekommen haben. Ein kurzes Telefonat und Schwups haben wir doch noch eine Verabredung im Buil Gene. Im Priorat kennt man sich.

 

 

 Wir verabschieden uns von Roger und einer unserer schönsten Weinverkostungen. Meine Frau macht noch schnell eine Bestellung bei Silke klar. Wir sichern uns noch eine Kiste des Vil de Villa 2021 und freuen uns, dass wir noch einen Mas de la Rosa, 2017 im Keller liegen haben. Den 2017er haben wir noch vor der Neuklassifizierung des Weinbergs zu schlappen 99€ erstanden.

 

Doch jetzt geht’s erst einmal ins Buil Gene zu einem ausgiebigen Mittagessen im Schatten auf der Terrasse und mit Blick auf die Serra de Montsant. Wir müssen nicht entschleunigen … wir sind es schon …

 

 

 Den Nachmittag touren wir entlang dem Erbe der Kartäuser durch das spektakuläre Montsant.
Vom Buil Gene geht’s nach Vilella Baixa einem alten Dorf das sich passgenau in die Hügel des Montsant schmiegt.

 

Wir biegen ab und fahren durch das Dorf das fast menschenleer ist. Vorbei am Weingut Mas Alta – Vorfreude – geht’s hinauf nach Vilella Alta. Wie der Name sagt liegt das Dorf einsam auf einem Hügel oberhalb von Mas Alta. Ab hier schlängelt sich die Straße dann stundenlang durch das Montsant. Wie passieren das 5 Sterne Domicil Terra Dominicata wo wir morgen Abend essen werden.

 

Schließlich gelangen wir mitten im absoluten Nichts zum Kartäuser Kloster Escaladei. Es existiert hier bereits seit dem 12ten Jahrhundert. Wir folgen der Straße weiter bis zum hoch gelegenen Pass La Morera de Montsant. Völlig verlassen liegt das Dorf auf nur 750m Höhe, bietet aber für Radtouren Steigungen von bis über 15%. Kurz hinter dem Dorf ist dann auch der Einstieg in einen Steig der auf einem spektakulären Plateau des Montsant endet. Näher kann man dieser irren Felsformation kaum kommen.

 

 Allgegenwärtig sind auch die ganzen Terrassen, die es überall im Priorat gibt. Sie wurden größten Teils bereist von den alten Kartäusern angelegt. Obwohl es hier reichlich Weingüter gibt, sehen wir bei unseren Fahrten immer wieder unbenutzte und von der Natur zurück eroberte Terrassen. Damit ist das Wachstum über wieder zu erschließende Anbauflächen bei weitem noch nicht erschöpft. Es bleibt in dieser Region halt nur eine sehr mühsame Art Weinbau zu betreiben.  

 

So langsam kehren wir um, fahren zurück zum Trossos und genießen das rötliche Farbspiel der Felsformationen. Wir sitzen mal wieder auf der Terrasse und öffnen unsere halbe Flasche Vll Llach Vi de Vila … und verträumen uns so durch die Nacht.