China – The Challenge No 2 - Feb 2021

    Im Winter 2018 haben wir ja schon mal eine China Challenge durchgeführt. Und die war nicht wirklich erfolgreich.
Dieses Mal sollte alle anders werden. Heute kommen ganz gezielt die angeblich besten Weine Chinas auf den Tisch. Ungeschönt direkt aus dem chinesischen Wein Shop in meinen Koffer und per Direktflug auf meinen Verkostungsaltar im heimischen Wohnzimmer.

Eine leichte Speise aus frisch gemachten Kartoffelsalat und einem gebratenen Rotbarschfilet ist schon mal auf jeden Fall lecker und geeignet eine leicht Grundsättigung einzustellen.

Los ging es mit dem 2019er Greatwall 5Star, Great Wall Winery, Hebei (30,73€). 

Die Winery wurde 1983 gegründet und liegt ca 100km nordwestlich von Peking. Insgesamt betreibt der Konzern ca 75ha Weinbaufläche in der Shangdong Provinz. Great Wall gehört zur COFCO (China National Cereals,  Oils and Foodstuffs Corporation) und produziert 2010 50kt Wein.

Beim 5 Star Cab Sauvignon handelt sich um den besten Wein der Great Wall Winery. In der uns vorliegenden Form ist dieser Wein nach Aussage unserer chinesischen Kontakte nur in Asien verfügbar. Das an sich ist nichts Ungewöhnliches, da auch in Europa viele Top Gewächse nur im Land oder nur beim Winzer vor Ort verfügbar sind. Unsere Erwartungen waren somit doch einigermaßen hoch....

Vielleicht habe wir den falschen 5Star erwischt oder die Pulle war falsch gelagert ….. wie auch immer. Der Wein aus der wertigen 1,2kg schweren Flasche füllt uns zu Beginn im Mund mit reichlich Gummibärchen. Nach kurzer Zeit an der Luft werden die Gummibärchen ersetzt durch einen insg. maskulinen Wein mit wenig schwarze Johannisbeere. Ausdruckskraft und Geschmacksvielfalt leider deutlich zu kurz. Es ist uns bewusst, dass der Wein bei offiziellen Bewertungen anerkannter Verkostungsseiten (z.B. Decanter, Wineanorak, o.a.) gut bewertet wird. Interessanterweise findet man im Netz zum genannten Wein diverse Flaschen mit völlig unterschiedlichen Etiketten. Es ist somit leider nicht sichergestellt, dass hier immer der gleiche Wein verkostet wird. Schade. In unserem Fall sind die Aromen jedenfalls leider zu dezent und eindimensional. Für einen 30€ teuren Wein deutlich zu wenig. 7,0.

 

Chateau Changyu Castle, Yantai, Shangdong, Cabernet Gernischt, 2014. 40,87€.

Mit einem Wein von Chateau Changyu Castle haben wir einen Tropfen des größten Weingütes  Chinas vor uns. Changyu betreibt insgesamt 6 Weingüter in China. Bemerkenswert ist, dass es Changyu Castle gelungen ist eine Kooperation mit Lenz Moser einzugehen und mit ihm gemeinsam einen eigenen Wein auf den Markt zu bringen. Doch bevor wir uns dem Wein des JV widmen, testen wir zuerst einmal diesen reinen Changyu Castle Wein aus Yantai. Das Weingut bewirtschaftet 135ha in der Shangdong Provinz. Das liegt grob gesagt 1200km südlich von Peking, auf halber Strecke nach Hongkong. 

Das Weingut wurde bereits 1892 mit Reben aus USA gegründet. Heute bildet Cabernet Gernischt die Hauptrebe des Weinguts. In der Literatur wird diese Rebe als genetisch identisch mit der in Südamerika heimischen Carménère Traube beschrieben. 

Uns empfängt eine intensive JoBeeren- und Kirsch-Nase. Alleine vom Duft inspiriert lässt der Wein hoffen. Leider werden die Hoffnungen im Mund nicht erfüllt. Der Wein bietet im Mund kaum aromatische Vielfalt und liegt deutlich hinter dem zuvor verkosteten Five Star Great Wall. 6,0.

Chateau Changyu Moser XV, Ningxia, Cabernet Sauvignon Helan Mountain, 2016. 9,69€.

Der Wein entstammt einem Joint Venture zwischen Changyu und dem österreichischen Winzer Lenz Moser. Das Weingut liegt in der Region Ningxia, ca 1100km westlich von Peking. 

 

Wir probieren den Einstiegswein aus der Changyu Moser Reihe und nehmen uns als erstes den 2016er Cabernet Sauvignon Helan Mountain vor. Im Glas überzeugt der Wein durch dunkles und dichtes Rot. In der Nase empfangen uns intensive Kirsch- und Johannisbeeraromen. Im Mund dominiert leider das Tannin und läßt der Frucht keine Chance. Zu früh geöffnet? In diesem Stadium können wir dem Wein nur eine 7,0 geben.

Chateau Changyu Moser XV, Ningxia, Cabernet Sauvignon Helan Mountain, 2015. 9,69€.
In der Nase unterscheiden sich der 2015er und 2016er praktisch nicht. Im Mund die große Überraschung. Das Tannin ist fast perfekt eingebunden. Es ist nur noch ein Hauch Tannindruck zu spüren, der aber neben und nicht mehr über den Aromen steht. Der Wein bietet insgesamt ein geschmeidiges Mundgefühl. Es ist ein eher würzig maskuliner, denn fruchtiger Wein. Insgesamt ist im Wein eine leicht herbe Note zu spüren. Man könnte fast meinen hier Schokolade und Vanille zu verspüren. Auf jeden Fall haben wir hier den mit Abstand besten der von uns bis dato verkostet chinesischen Weine im Glas. Und das bei einem doch überraschend günstigen Preis. 8,5.

Als Fazit bleibt festzuhalten: Wir haben uns in 2 unabhängig von einer stattfindenden Challenges mit einem Querschnitt guter bis sehr guter chinesischer Weine auseinandergesetzt.
Um uns zu überzeugen, muss ein Wein dabei aber eine spannende Geschichte erzählen. Eine die über die Geschichte des Weinguts und der Region hinaus geht und die Spannung im Glas fortsetzt. Eine die Trinkfluss bietet, aromatische Vielfalt mit sich bringt und uns deshalb animiert noch einmal nach zu schenken. Die Geschichten dieser insgesamt 10 Exemplare passen am Ende nicht zu uns.

Entweder sind in den kommerziell verfügbaren Exemplaren Störnoten zu finden (China Wine Contest 2018), oder es fehlt einfach noch an Aromatik und Ausdruckskraft. Mit dem 2015er Changyu Moser XV oder dem Cab Sauvignon von Legacy Peak ist allerdings das prinzipielle Potential chinesischer Weine erkennbar.